Rezension

Hier steht viel zwischen den Zeilen

Winterbienen - Norbert Scheuer

Winterbienen
von Norbert Scheuer

Bewertet mit 5 Sternen

Egidius  Arimond hat viele Talente.  So fällt es dem an Epilepsie  entlassenen Lehrer für Latein auch nicht schwer, seine Tage mit Leben zu füllen. Anfang 1944 ist der Alltag im beschaulichen Städtchen Kall in der Eifel noch wenig vom Krieg berührt.

Egidius kümmert sich mit Hingabe und viel Herzblut um seine zahlreichen Bienenstöcke, die bis kurz vor der belgischen Grenze aufgestellt sind. Nebenbei betreibt er in der Bibliothek Ahnenforschung und übersetzt Fragmente eines Vorfahren aus dem 15. Jahrhundert.

Gut versteckt in unscheinbaren Büchern erhält er dort immer wieder Mitteilungen über jüdische Flüchtlinge, die  er in seinen Bienenkörben über die Grenze bringt.

In Tagebuchform berichtet Egidius in kurzen Abschnitten über einen Zeitraum von ca. 18 Monaten, wie sich nicht nur sein bis dahin ruhig dahinplätschernde Alltag mit zunehmenden Kriegshandlungen verändert. Sein eigenes Leben wird zunehmend gefährdeter durch das Voranschreiten der Krankheit und  die Bienen werden zunehmend aggressiver. Und immer wieder finden sich Parallelen zwischen dem Leben in einem Bienenvolk und den vorherrschenden Lebensbedingungen im Nazi-Deutschland oder auch den epileptischen Anfällen und den Kriegsbildern.  Zitat: „Zuerst die Blitze vor meinen geschlossenen Augen, dann das Dröhnen in meinen Ohren…“

Der Autor schreibt schnörkellos, realistisch und nachhaltig beeindruckend . Es ist ein Buch der leisen Töne, bei dem sehr viel zwischen den Zeilen steht und für das man sich Zeit nehmen sollte, um es genießen zu können.