Rezension

High-Fantasy in der Wüste

Wédora - Staub und Blut - Markus Heitz

Wédora - Staub und Blut
von Markus Heitz

Bewertet mit 4.5 Sternen

Ich habe mich auf diesen neuen Heitz sehr gefreut, ebenso wie ich mich auf jeden neuen Heitz freue. Er gehört einfach zu meinen Lieblingsautoren. Doch besonders gefreut hat mich, dass er dieses Mal (endlich) wieder ein gänzlich neues Kapitel zu einer Welt eröffnet hat, denn in der letzten Zeit gab es doch eher mehr (zwar gute) Fortsetzungen oder Zusammenführungen von älteren Werken. Die einzige Ausnahme bildete dabei AERA, das mich aber auch nicht überzeugen konnte.
Zu Beginn war ich völlig irritiert: Das Buch verfügt über zahlreiche, wunderschöne und detailreiche Karten zur Welt von Wédōra, doch der Ort, in dem die Geschichte startet ist nicht auf diesen Karten zu finden. Ich habe bestimmt mindestens 10 Minuten damit verbracht, die Karten daraufhin genau zu studieren, um dann festzustellen, dass der Ausgangspunkt auf einer völlig anderen Welt liegt und er daher nicht auf der Karte abgebildet sein kann! Als dies dann nun geklärt war, konnte ich gut in die Geschichte hinein finden.
Die Anzahl der Protagonisten ist zu Beginn sehr beschaulich und wächst allmählich an, so dass ich mich zu keinem Zeitpunkt damit überfordert fühlte. Die Geschichte handelt von zwei alten Freunden, die unterschiedlicher nicht sein könnten: Liothan ist ein Dieb, doch ein wohlwollender. Er bestiehlt gemeinsam mit Frau und Schwager die Reichen und gibt einen Teil der Beute an Bedürftige ab. Dies ist auch ein Grund, warum er noch nicht gefasst wurde. Zwar ist er gut in dem, was er tut, doch die Bevölkerung gibt ihm Schutz. Aber auch für ihn wird die Luft dünner, denn es gibt eine neue „Gesetzeshüterin“ in der Baronie und sie ist ebenfalls sehr gut in dem, was sie tut. Tomeija allerdings ist seit Kindesbeinen an sehr gut mit Liothan befreundet und versucht ihr Möglichstes ihn nicht stellen zu müssen… Auch wenn die beiden so unterschiedlich sind, sie sind ein gutes Team und als Charaktere beide sehr sympathisch.
Ihre alltäglichen gemeinsamen Probleme müssen allerdings bald hinten anstehen, denn es hat sie nach Wédōra verschlagen. Eine unheimlich große Stadt mitten in der Wüste, gelegen an einem Kreuzungspunkt für alle Karawanen zu den an die Wüste angrenzenden Ländern, die sich alle untereinander nicht grün sind. Die Hauptfiguren müssen zunächst einmal lernen, welche Strukturen in Wédōra herrschen und stellen sehr schnell fest, dass in der Metropole an alle Ecken Konflikte schwelen und sich in der Wüste einiges aufbaut. Letztlich wird klar, dass es eine aktuelle Bedrohung für die Stadt gibt, die es abzuwenden gilt. Dummerweise werden sie schnell getrennt, doch beide haben nur ein Ziel: Gemeinsam wieder nach Hause finden und dafür tun beide auf ihre Weise ihr bestes.
Wédōra ist eine vielschichte Stadt, die nach vielen Gesetzen lebt, die ein Herrscher aufgestellt hat, den jedoch nie jemand zu Gesicht bekommt. Es gibt zahlreiche neue Wesen in Wédōra und auch eine Art der Magie, die Heitz frisch erschaffen hat. Auch die einzelnen Fakten der Stadt und der Welt werden dem Leser nicht sofort um die Ohren gehauen, sondern man erfährt sie nach und nach ebenso wie die Charaktere. Dies führt dazu, dass das Buch sehr atmosphärisch ist, dennoch waren es immer noch recht viele Fakten, so dass ich manchmal dachte, ich hätte irgendetwas nicht völlig durchdrungen. Ich hatte außerdem das Gefühl, das gerade zum Ende der Geschichte durch dieses allmähliche Aufdecken der Gegebenheiten, etwas die Spannung fehlte. Dennoch las sich das Buch sehr schön und es hat perfekt die Stimmung in der Wüste und in der Stadt vermitteln können.
Dass sich manche Dinge erst langsam entwickeln bzw. die Charaktere sich langsam weiterentwickeln, fand ich etwas schade, da diese Entwicklungen noch sehr viel Potential haben, die ausgeschöpft werden wollen. Doch Heitz hat sich – typisch für ihn – offen gelassen, ob er zu dieser Welt zurückkehrt. Wenn er es tut, dann hat er aufgrund der Entwicklungen sicher ausreichend Stoff für mindestens eine Fortsetzung. Das Buch ist jedoch in sich auch so abgeschlossen, dass dem Leser ein befriedigendes Ende nicht verwehrt bleibt.
Ich habe die Lektüre dieses Buches genossen, obwohl die Wüste mit ihrem Sand, ihren heißen Temperaturen und den Wüstenbewohnern mit ihrer ganz eigenen Mentalität nicht ganz „mein Themengebiet“ ist. Ich bevorzuge Gegenden die denen ähnlich sind, die ich kenne, da mir die Vorstellung davon einfacher fällt. Allerdings hat es Heitz so gut ausgearbeitet, dass ich mich auf die Wüste gut einlassen konnte. Ich für meinen Teil würde mich daher auch über eine Fortsetzung dieses Buches freuen!

Fazit: Heitz hat mit diesem Buch eine neue Fantasy-Welt erschaffen, die dieses Mal in einer Wüste verortet ist. Dabei ist es ihm gelungen die Atmosphäre der Wüste im Allgemeinen und der Stadt, in der viele Konflikte brodeln, im Speziellen gut wiederzugeben. Die Anzahl der Hauptcharaktere ist überschaubar und steigert sich erst allmählich. Der Leser entdeckt die Stadt Wédōra gemeinsam mit den Protagonisten Liothan und Tomeija. Dieser Aufbau der Geschichte und Einstieg in die Welt hat mir sehr gut gefallen. Auch wurde nicht nur eine  Handlung aufgebaut, die nach einem spannenden Finale beendet wurde, sondern die Figuren haben sich auf eine unerwartete Weise weiterentwickelt, so dass es ausreichend Potential für eine mögliche Fortsetzung gibt. Ich hatte mit Wédōra viele schöne Lesestunden und würde mich über eine Fortsetzung freuen.