Rezension

himmelhoch jauchzend, zu Tode betrübt . . .

Will & Will - John Green, David Levithan

Will & Will
von John Green David Levithan

Bewertet mit 4 Sternen

Will 1 lebt nach seinen eigenen Regeln: 1.) Lass nichts zu nah an dich ran und 2.) Maul halten. So lebt er im Schatten seines einzigen wirklichen Freundes Tiny Cooper, der alles andere als "tiny" ist. Im Gegenteil: Er ist riesig, laut, emotional, immer gut gelaunt und schwul. Tiny arbeitet an seinem eigenen Musical, in dem auch Will vorkommt, was diesem alles andere als gefällt. Und dann sind da auch noch die plötzlich aufkeimenden Gefühle für Jane, die er sich gar nicht erklären kann, denn eigentlich möchte er das doch gar nicht.

Will 2 nimmt Tabletten gegen Depressionen und lebt alleine mit seiner Mutter zusammen, besser gesagt sie leben nebeneinander. Er fühlt sich im Internet wohler als im wirklichen Leben und hält sich sehr oft im Chat auf. Da hat er sich in Isaac verliebt und die beiden planen ein erstes Treffen. Im realen Leben hat Will 2 nur Maura, die sich mit ihm abgibt, doch sie ist ihm zu aufdringlich.

Die beiden Will Graysons kennen sich zu Beginn des Buches nicht. Sie wohnen beide in Chicago und treffen per Zufall aufeinander. Obwohl sie total unterschiedliche Charakteren sind, plagen die zwei ähnliche Probleme. Nach dem Treffen gehen sie wieder auseinander und sehen sich eigentlich nicht mehr. Und trotzdem beeinflussen sie sich gegenseitig und sie beginnen anders über ihr Leben nachzudenken.

Die Autoren Green und Levithan erzählen abwechselnd von "ihrem" Will. Auch stilistisch sind die Kapitel der beiden klar getrennt. Die Kapitel von Will 2 sind wie im Chat - also alles klein - geschrieben.

Zu Beginn hatte ich ein bisschen Mühe in die Geschichte reinzukommen, mich in die männlichen Jugendlichen einzufühlen. Dazu beigetragen hat wohl auch die recht flapsige Jugendsprache, die so wohl nur von männlichen Teenagern verwendet wird und eine sehr spezielle Wortkreation, die Undsoalso heisst. Dieses mir neue Wort taucht mehrfach im Buch auf und hat mich recht irritiert.

Es dauerte aber nicht lange, bis ich an dieser Geschichte um Freundschaft, erste Liebe, Vertrauensbruch und weitere typische Teenie-Probleme grossen Gefallen fand. Das Buch lebt ganz klar von den Charakteren und der direkten Erzählweise der beiden Autoren. Sie schaffen es, diese ernsten Themen emotional mitreissend, einfühlsam und mit viel Wortwitz rüberzubringen. Beim Lesen kam mir mehrfach ein Begriff in den Sinn: himmelhoch jauchzend, zu Tode betrübt . . . So habe ich mit Will & Will Höhen und Tiefen durchlebt, wollte lachen und gleichzeitig weinen.

Die Charakteren haben Stärken und vor allem auch Schwächen. Genau diese heben sie von den meist heldenhaften und perfekten Protagonisten, in anderen Jugendbüchern ab und macht sie sehr authentisch. So konnte ich gut mit ihnen mitfühlen, denn nichts mag ich weniger als perfekte Protagonisten. Will und Will sind beide sehr vielschichtig. Sie kämpfen mit dem Erwachsen werden und versuchen herauszufinden, was sie wirklich im Leben wollen.
Aber auch die Nebencharakteren sind sehr facettenreich, allen voran Tiny Cooper. So eine Persönlichkeit ist mir wohl in meiner ganzen Lesekariere noch nie aus dem Buch gesprungen. Er ist wirklich toll ausgearbeitet, konnte mich von der ersten Begegnung an begeistern und ist ein richtiges Unikat.

Ein grosses Thema in "Will & Will" ist die Homosexualität, denn Tiny und auch Will 2 sind schwul. Und ich muss wirklich sagen, dass Green und Levithan dieses heikle Thema sehr einfühlsam und ganz ohne Vorurteile angehen und dabei kein Blatt vor den Mund nehmen.

Fazit:
Ein Jugendbuch mit viel Tiefgang, facettenreichen, interessanten Charakteren und trotz oftmals bedrückender Atmosphäre viel Wortwitz.' "Will & Will" hebt sich von der Masse ab und ist ein eindrückliches Leseerlebnis.