Rezension

hin- und hergerissen

Töchter der Traumzeit - Verena von Funcke

Töchter der Traumzeit
von Verena von Funcke

Bewertet mit 3.5 Sternen

Verena von Funcke beschreibt ihre "mystische Reise mit den Aborigines" unter dem Titel "Töchter der Traumzeit". Laut Klappentext gelingt es ihr als weibliche Ethnologin Erfahrungen im Bereich der "women's law" der Aborigines zu machen, die männlichen Ethnologen verwehrt blieben, da die Riten der Männerwelt und der Frauenwelt bei den Aborigines streng getrennt sind.

Aber erstmal beginnt die Geschichte ganz handfest - als Praktikantin bei der UNO in Genf erhält die Autorin bei einer indigenen Konferenz Informationen aus erster Hand über die Schwierigkeiten, die indigene Völker haben - Vertreibung, Unterdrückung, Verlust der eigenen Gesellschaftssysteme und der eigenen Sprachen. Dabei lernt sie dann auch Joe, ein Mitglied der Aborigines-Abordnung aus Australien kennen - und fühlt sich sofort zu ihm hingezogen. In den Gesprächen, über die berichtet wird, geht es dann auch um Native Title (Landrechte) und Stolen Generation (Verschleppung von Aborigenes-Kindern mit einem weißen Vater) und das Alkoholproblem durch Verlust der alten Lebensweise und Gemeinschaft - nichts neues, wenn man sich schon etwas mit der Geschichte Australiens in Bezug auf die Aborigines beschäftig hat.

Die eigentliche "mystische Reise", von der laut Untertitel berichtet wird, besteht zu großen Teilen aus der Beschreibung der Wanderung durch das Outback (von der Beschreibung her vermute ich, dass die Wanderung im Roten Zentrum stattfindet - die Devils Marbles werden erwähnt, nicht aber der Uluru). Von den Zeremonien darf sie nichts erzählen - und tut es auch nicht (bzw. so allgemein, dass sie dabei nichts erzählt, was man nicht schon wüsste). Dafür beschreibt sie ausführlich ihre eigene Gefühlslage und Gedankenwelt während der Reise.

Aus dem Text geht nicht hervor, ob sich das dargestellte auf eine ihrer Reisen bezieht oder (vermutlich) eine Quintessenz ihrer, wieder laut Klappentext, elf Reisen nach Downunder.

Das Buch war gut zu lesen, der Text aber, der "mystischen Reise" geschuldet, auch häufig für meine Begriffe schon sehr esoterisch angehaucht. Da die Liebesgeschichte zu Joe einen recht großen Teil einnimmt, wirkt der Text, auch vom Sprachstil her, auf mich schon eher wie ein Roman, weniger wie ein Erfahrungsbericht. Das erinnert mich dann doch an Marlo Morgans "Traumfänger" - als Bericht verkauft, aber doch reine Fiktion. Daher ein Teil meiner Skepsis.

Frau von Funcke ist mittlerweile Heilpraktikerin für Psychotherapie, was als Berufswahl zu der im Text beschriebenen persönlichen Entwicklung passt.

Wer in einem gut zu lesenden Text etwas über die moderne Geschichte der Aborigines in Australien erfahren möchte und sich von der Beschreibung spiritueller Erlebnisse nicht abschrecken lässt, der wird hier einen Einblick in die Aborigines-Gesellschaft bekommen, auch die Landschaftsbeschreibung des Outback wird mitgeliefert. Wer sich schon damit beschäftig hat, wird hier auf jeden Fall noch gut unterhalten.