Hinterlässt gemischte Gefühle
Bewertet mit 3 Sternen
Die Rezension wird wahrscheinlich zu diversen Aspekten hinspringen und dabei wieder eine Kehrtwendung machen zu anderen Themen. Wie soll man über dieses Buch sprechen, wenn es einen verwirrt zurücklässt, wo ist der Anker zum Festhalten?
André Aciman wird seinem Ruf als sinnlicher Autor gerecht, v.a. seine Beschreibungen von den Bindungen zwischen zwei Männern sowie die Innenansicht des Hauptcharakters sind präzise und sensibel. Man ist bei Aciman an der richtigen Stelle, wenn man diese Art zu lesen mag.
Bemerkenswert finde ich an dem Roman zwei Aspekte: der erste Teil (von fünf) namens ´Erste Liebe´ sowie die Struktur der Geschichte. Das Buch beginnt mit dem jungen Paolo und seiner ersten Liebe zu einem Schreiner. Dieser Abschnitt ist der beste wie ich finde, und könnte mit über 100 Seiten als Kurzgeschichte alleinstehen und ich wäre zufrieden gewesen, und vielleicht nicht so enttäuscht, dass der Rest der Handlung nicht direkt anknüpft an diese erste Liebe.
Die Struktur ist deshalb interessant, da Aciman dem Leser anderes glauben lässt, als wirklich wahr ist, und Tatsachen klugerweise vorenthält. Allein der letzte Satz enthüllt etwas Neues, was der Geschichte wieder eine gewaltige Drehung bringt.
Als ich die letzte Seite umgeblättert habe, konnte ich erst nicht fassen, dass die Geschichte vorbei ist. Das war`s jetzt? Paolo, am Anfang ein 12-jähriger Junge, wurde immer unsympathischer und trotzdem wollte man sein Handeln verstehen, seine Suche nach Glück und einem Leben, dass vielleicht mehr gibt als nimmt. Da dieses Buch hauptsächlich um Paolos Leben kreist, hängt auch das Lesevergnügen zu einem gewissen Teil von ihm als Figur ab. Manchmal ist Paolo schwierig zu begreifen, schwierig nachzuvollziehen. So sehr mir die Themen gefallen haben, irgendwie fehlte dem Buch etwas. Vielleicht überschattet der Anfang auch bloß den Rest, und die Zeit, als Paolo glücklich war in seiner Kindheit, kann nicht mit dem einfachen Glück in der Zukunft mithalten.
Das Buch ist empfehlenswert, aber nur den richtigen Lesern.