Rezension

Hinterlistige Intrige

Kilometer 123 - Andrea Camilleri

Kilometer 123
von Andrea Camilleri

Bewertet mit 5 Sternen

Bei Kilometer 123 der Via Aurelia wird der Bauunternehmer Giulio Davori mit seinem Fiat Panda von der Straße gedrängt, überlebt aber schwer verletzt, zunächst bleibt jedoch offen, ob es sich um einen Unfall oder einen Mordversuch handelt. Doch dieses Geschehen löst eine Kette weiterer Ereignisse auf. Zunächst erfährt seine Gattin durch SMS auf Giulios Handy, dass dieser eine Geliebte hatte, woraufhin sie ihn bei der Finanzpolizei anzeigt und ihn beruflich ruiniert. Die besorgte Freundin Ester Marsili ist wiederum selbst verheiratet und hat Angst davor, dass die Beziehung auffliegen könnte und steht deshalb in engem Kontakt mit ihrer besten Freundin Maria, die vorübergehend in Mailand lebt. Als Ester Maria besuchen möchte, kommt der Unfalltod deren Mannes dazwischen.

Ein aufmerksamer Ispettore entdeckt immer mehr Hinweise darauf, dass es sich bei dem Unfall doch wohl eher um einen Anschlag gehandelt hat, sein Verdacht: die betrogenen Ehefrau hat sich nicht nur wirtschaftlich rächen wollen. Dieser Verdacht erhält zusätzliche Nahrung dadurch, dass eine weitere Liebhaberin Giulios auftaucht, die Morddrohungen der Gattin bekommen hat. Ist nun auch Maria in Gefahr? Diese verschwindet zunächst spurlos, nachdem sie von der Neben-Geliebten erfahren hat und wird später bei Kilometer 123 der Via Aurelia tödlich verunglückt aufgefunden. Hat sie den Anschlag auf den Bauunternehmer zu verantworten und sich jetzt aus Verzweifelung das Leben genommen? Für den leitenend Polizisten eine dankbare Lösung, auch wenn sein Untergebener so seine Zweifel daran hat. Doch am Ende ist es der Leser, der am meisten weiß und ein überraschendes Finale geboten bekommt, das ein völlig neues Licht auf die Geschehnisse wirft.

"Kilometer 123" macht erneut klar, dass mit Andrea Camilleri ein großer Fabulierer von uns gegangen ist. Die Machart dieses Romans erinnert an seinen historischen Roman "Der zweite Kuss des Judas". Waren es da Zeitungsausschnitte und Ermittlungsberichte der Polizisten, die dem Leser das Geschehen vermittelten, so sind es dieses Mal auch modernere Wege wie SMS und Telefongespräche der Beteiligen. Einziger Wermutstropfen: der stolze Preis von 22 € ist für das recht kurze Lesevergnügen (ein Abend) deutlich zu hoch.