Rezension

Hirschvogl am Rindermarkt

Das Haus der schönen Dinge - Heidi Rehn

Das Haus der schönen Dinge
von Heidi Rehn

Bewertet mit 5 Sternen

~~1897 öffnet da Kaufhaus „Hirschvogl“ am Münchner Rindermarkt seine Pforten. Damit hat sich der jüdische Kaufmann Jacob Hirschvogel sich und seiner Familie einen Lebenstraum erfüllt. Als königlich-bayerischer Hoflieferant bietet er seinen Kunden ein Haus voller exquisiter Waren und Dinge, die das Menschenherz begehrt. Sowohl Tee als auch ausgesuchten Kaffee, importierte französische Kleidung und Parfum als auch feinste Tuchwaren oder Konfekt. Es gibt nichts, dass es bei Hirschvogel nicht gibt und so geben sich die Kunden dort die Klinke in die Hand. Aber auch die Konkurrenz springt auf den Zug auf und erweitert ihr Warenrepertoire, um mit eigenen Warenhäusern ebenfalls die Kunden anzuziehen. Jedoch fehlt ihnen der Ideenreichtum von Jacobs Frau Thea, die sich immer wieder Neues einfallen lässt, um ihren Kundenstamm zu überraschen. Die Söhne, die eigentlich als Nachfolger bestimmt sind, haben nicht das Zeug, um das Warenhaus zu leiten. So übernimmt Tochter Lily in den 20er Jahren das Traditionshaus und will den Erfolg fortführen. Doch die Nazis sind immer mehr auf dem Vormarsch, und so ändert sich die Einstellung alter Freunde und Weggefährten, die Kunden werden weniger, die Familie muss um ihre Existenz fürchten.
Heidi Rehn hat mit ihrem Buch „Das Haus der schönen Dinge“ einen sehr spannenden historischen Roman um eine Familiendynastie vorgelegt, der zwar fiktiv ist, aber so oder ähnlich zur damaligen Zeit überall in Deutschland hätte stattfinden können. Der Schreibstil ist flüssig und fesselnd, der Leser findet sich sofort in der vergangenen unrühmlichen Zeit deutscher Geschichte wieder und darf während der Handlung als Teil der Familie Hirschvogl an ihrem Aufstieg sowie deren Niedergang teilhaben. Der historische Hintergrund wurde von der Autorin sehr gut recherchiert und der Handlung unterlegt, tauchen doch auch andere sehr reale Namen deutscher Warenhäuser ebenfalls in der Geschichte auf. Heidi Rehn gelingt es mühelos, die damaligen Zeiten wiederauferstehen zu lassen. Auch die jeweilige zeitgemäße Mode wurde von der Autorin so gut beschrieben, dass man alles wunderbar vor Augen hatte. Der Roman erstreckt sich über 3 Generationen Familiengeschichte, die fast 100 Jahre ausmachen. Dabei darf man als Leser sowohl den Wechsel ins 20. Jahrhundert als auch die goldenen 20er Jahre und die schrecklichen 30er miterleben, die dann den Zusammenbruch deklamieren. Wer München gut kennt, wird sich wie zuhause fühlen, so gut gelungen sind die Stadtbeschreibungen. Ein Personenregister zu Beginn des Romans sowie ein kleiner Stadtplan am Ende machen das Schicksal der Familie Hirschvogl sehr real. Nur das wunderschöne „Nachwort“ der Autorin erklärt diesen Gedanken für nichtig.
Die Charaktere sind sehr schön ausgearbeitet und wirken lebendig und authentisch.  Jacob Hirschvogl ist schon früh ein Visionär. Er hat einen Traum von einem Einkaufsparadies und möchte seinen Kunden die Welt praktisch zu Füssen legen. Mit der Eröffnung seines Warenhauses begründet er ein sehr erfolgreiches Unternehmen, in dem die ganze Familie eingespannt wird. Ehefrau Thea ist zuständig für die ständige Erweiterung des Angebotes und für ausgefallene Ideen, die den Kunden in das Kaufhaus locken könnten. Tochter Lily wächst schon früh in die Rolle als Nachfolgerin des Vaters und drückt nach Übernahme der Führungsposition dem Geschäft ihren eigenen Stempel auf.
„Das Haus der schönen Dinge“ ist eine wunderbar und dramatisch erzählte historische Geschichte um die Kaufhausdynastie einer jüdischen Familie. Alle, die spannende Familiengeschichten lieben, werden hier nicht enttäuscht. Absolute Leseempfehlung für einen sehr gelungenen Historienroman!
 

Kommentare

hobble kommentierte am 03. Mai 2017 um 05:56

Werde ich mal reinschauen