Rezension

Historisch interessant - doch recht oberflächlich erzählt

Die Schule am Meer - Sandra Lüpkes

Die Schule am Meer
von Sandra Lüpkes

Bewertet mit 3 Sternen

** Aeschli schlug seinen Aktenordner auf. "Der Bürgermeister mag uns leider nur, wenn er der Schule irgendwelche Zahlungen aufbrummen und "Hochachtungsvoll" drunterschreiben kann." **

1925: Anni Reiner und ihr Mann Paul gründen gemeinsam mit anderen Lehrerkollegen eine Schule auf Juist. Sie wollen mit Gleichgesinnten neue Wege gehen; mit praktischem Lernen in der Natur, gleichberechtigtem Miteinander und musikalischer Grunderziehung. Bei den Einheimischen stösst das nicht unbedingt auf Gegenliebe und die Schule ist schnell als "Hort für Kommunisten und Juden" verschrien.

Diese Schule am Meer, die Sandra Lüpke als Grundlage für ihren Roman dient, gab es tatsächlich von 1925-1934 auf Juist. Sie war ein reformpädagogisches Landerziehungsheim und die erste reguläre deutsche Freiluftschule, die bis zum Reifezeugnis führte. Deswegen war ich unheimlich gespannt auf ihre mit Sicherheit nicht immer einfache Geschichte, die Einführung einer neuen Lernstruktur, die Schwierigkeiten mit den Juistern etc. Enttäuschenderweise gab es das jedoch immer nur am Rande und auf 568 Seiten passierte oft erstaunlich wenig.

Die Autorin erzählt aus unterschiedlichen Perspektiven, der von Anni Reiner und des Musiklehrers Eduard Zuckmayer sowie des fiktiven Schülers Moskito und der Köchin Kea und auch die Juister kommen zu Wort. Doch dabei konzentriert sie sich hauptsächlich auf Nebensächlichkeiten, die viel intensiver und ausführlicher thematisiert werden, als die wirklich wichtigen Ereignisse. Ich wäre zudem auch gerne tiefer in das aussergewöhnliche Schulkonzept eingestiegen, aber bis auf morgendliches Winterschwimmen und eine Schulstunde am Meer, kommt da nicht so viel. Mir persönlich fehlte damit ein Hauptbestandteil. Selbst der harte Eiswinter 1929, in dem die Insel wochenlang von der Aussenwelt abgeschnitten war, wird recht oberflächlich abgehandelt. 

Die ständig wechselnden Perspektiven und der Hang zu ausschweifenden Nebensächlichkeiten, bremste den Bezug und die Nähe zu den Protagonisten weitestgehend aus. Mir blieben selbst Anni und Kea in ihren dunkelsten Zeiten relativ fremd. Moskito war mir hingegen schlicht zu kindlich und ich habe die Stimmen anderer Schüler*innen ein wenig vermisst.

Der Schreibstil von Sandra Lüpke ist gewohnt flüssig und angenehm, hat aber diesmal für mich auch so einige Längen auf seinen 568 Seiten.. 

Fazit: "Die Schule am Meer" ist eine Geschichte über Mut und Leidenschaft, Konflikte, Freundschaft und Zusammenhalt. Die Autorin verwebt ihre fiktive Story gekonnt mit den historischen Figuren und Fakten, doch für mich konzentriert sie sich leider zu viel auf uninteressante Nebensächlichkeiten.