Rezension

historischer Gay-Romance Ausflug

Sunford - Verführung eines Gentleman - Celia Jansson

Sunford - Verführung eines Gentleman
von Celia Jansson

Bewertet mit 4 Sternen

Zu Beginn des 20. Jahrhunderts drehten sich die Uhren ein wenig anders. Die technischen Entwicklungen waren noch nicht so weit fortgeschritten und doch gab es die eine oder andere Neuerung, die das Leben erheblich erleichterte. Auch Leonard setzt sich für die Verbesserung der Fortbewegung ein und kämpft für die Verlängerung der Bahnstrecke bis in sein Heimatdorf. Obwohl er ein angesehener Mann ist und er sich vor Angeboten vermutlich kaum retten kann, ist er alleinstehend und nicht gewillt, sich den Frauen im Ort zu öffnen. Als der Cousin der Nachbarsfamilie zu Besuch kommt, wird seine Gefühlswelt allerdings ziemlich durcheinander gewirbelt. Es beginnt ein gefährliches Spiel, das alles zerstören könnte.

 

Autorin Celia Jansson entführt den Leser in die edwardianische Zeit, mit all den Zwängen, Pflichten und Gesetzen, die dazu gehören. Die gesellschaftlichen Strukturen waren um 1900 noch deutlich anders, als wir es heute kennen. Es wurden gewisse Erwartungen gestellt, deren Missachtung schnell zu Spott oder dem Verlust der Geschäftspartner führen konnte. Homosexualität wurde, wenn überhaupt, heimlich ausgelebt und verschwiegen, um den schlimmen Strafen zu entgehen und den eigenen Ruf zu wahren. Nicht unbedingt einfache Voraussetzungen, um ein zufriedenes und glückliches Leben zu führen, mit dem Menschen, den man liebt.

Obwohl wir uns in einer historischen Geschichte befinden, ist die Sprache sehr angenehm gestaltet. Die Ausdrücke sind der Zeit zwar angepasst, aber trotzdem bleibt es flüssig zu lesen und ich konnte mich gut einfinden. Die historischen Aspekte sind immer wieder mit eingebaut, man bekommt kleine Erklärungen und Hintergründe, damit man versteht, was es in der Zeit zu beachten galt. Anschauliche Beschreibungen machen es möglich, sich die Handlungsorte und Personen gut vorstellen zu können.

 

Die Geschichte ist aus zwei unterschiedlichen Perspektiven erzählt, dadurch bekommen wir einen sehr umfassenden Blick auf die Handlung und auch die Möglichkeit, die Personen aus verschiedenen Sichtweisen zu erleben.

Während des ersten Teils stehen Leonards Gedanken im Mittelpunkt. Seine Gefühlswelt wird durch Vincent ordentlich durcheinander gebracht, es fällt ihm schwer, sich auf seine Geschäfte zu konzentrieren, obwohl wichtige Entscheidungen anstehen. Auch wenn Leonard manchmal kühl und reserviert erscheint, so lernen wir ihn auch von ganz anderen Seiten kennen. Er kann sehr gefühlvoll und einfühlsam sein und nicht nur zielstrebig und ehrgeizig.

Danach begleiten wir Vincent und erleben die Dinge, die wir schon kennen aus einer neuen Sichtweise. Dabei wird nicht die gesamte Handlung noch einmal wiedergegeben, nur einige Situationen werden aufgegriffen, so dass man weiß, wie Vincent darüber denkt und was er fühlt.

Der Wechsel war sehr interessant, da wir über Vincent viele Sachen erfahren, die ich nicht erwartet hätte. Schnell wird klar, dass die Gefahr für Leonard, seinen guten Ruf zu verlieren, viel präsenter ist, als zunächst angenommen. Die beiden Perspektiven fügen sich zu einem stimmigen Gesamtbild, man kann einige der Passagen besser einschätzen und die Reaktionen verstehen.

 

Im Verlauf des Buches gibt es auch erotische, sinnliche Passagen, die die Anziehung zwischen den Protagonisten deutlich macht. Gefangen in den Zwängen ihrer Zeit, haben sie es nicht besonders leicht, ihre Lust auszuleben.

Auch wenn die Geschichte zwischen Vincent und Leonard im Vordergrund steht, so gibt es trotzdem eine interessante und abwechslungsreiche Nebenhandlung mit einigen tollen Figuren. Besonders die Frauen machen ihre Standpunkte klar und kämpfen für mehr Ansehen und Recht in der Gesellschaft. So treffen im Buch unterschiedliche Themen aufeinander, die zwar für sich stehen und doch irgendwie miteinander verflochten sind, im Kampf um den Fortschritt.

 

Ein schöner Gay-Romance Ausflug ins historische England mit einer interessant gestalteten Handlung. Der angenehme Stil lässt einen manchmal fast vergessen, dass wir uns am Beginn des 20. Jahrhunderts befinden.

 

Vielen Dank für das bereitgestellte Rezensionsexemplar im Rahmen der Blogtour.