Rezension

Historischer Roman

Als wir unsterblich waren - Charlotte Roth

Als wir unsterblich waren
von Charlotte Roth

9. November 1989: Als die Berliner Mauer geöffnet wird, geht auch die schüchterne Alexandra in den Westen. Sie begegnet Oliver und beide verlieben sich auf den ersten Blick. Doch als Alex ihren Traummann der Großmutter vorstellt, bei der sie aufgewachsen ist, bricht diese zusammen: Alte Erinnerungen haben sie überwältigt. Nie hat sie mit ihrer Enkelin über die Vergangenheit gesprochen, doch nun möchte Alex wissen, was ihre Großmutter erlebt hat...

In einem zweiten Handlungsstrang wird die Lebensgeschichte der Großmutter Paula erzählt. Von 1912 bis 1933 begleiten wir die junge Frau, die sich in den charismatischen Clemens verliebt, fest an die Arbeiterbewegung glaubt und schwere Zeiten durchmacht - so schwere, dass ihr Lebensmotto lautet: '"Wer sich ans Leben traut, hat keine Ahnung davon."...

Das Buch beschreibt die Zeit vor dem 1. Weltkrieg, die Weimarer Republik und das Erstarken der NSDAP. Gut recherchiert gibt es einen lebendigen Einblick in die Arbeiterbewegung. Schade, dass die weiteren Jahre ausgespart wurden! Die Stärke des Buches besteht für mich in der detaillierten Beschreibung der Vergangenheit. Die Schilderung der Hauptfiguren hat mich dagegen nicht ganz überzeugt. Alex ist so verschüchtert und zurückhaltend, dass ich es nicht überzeugend finde, dass sie sich Hals über Kopf in die neue Beziehung wirft und ihre Großmutter mehrere Tage lang noch nicht einmal informiert, wo sie ist. Auch ihre angeblich so enge Beziehung bröckelt, als die Oma im Krankenhaus in ihre alten Erinnerungen fällt. Das ist nicht stimmig. Auch Paulas Schilderung ist für mich einseitig: Die junge Frau soll mit gerade mal zwanzig Jahren ganz allein für fünf Frauen und zehn Kinder gesorgt haben - das ist wenig realistisch. Paula ist zu stark, die spätere Veränderung äußerst krass, aber nur noch angedeutet. Überzeugender und ansprechender sind für mich einige Nebenfiguren. Daher: Für mich keine überzeugenden Protagonisten, aber eine gute historische Hintergrundsschilderung.