Rezension

Historischer Roman, der einen mitfühlen lässt!

Trümmermädchen – Annas Traum vom Glück -

Trümmermädchen – Annas Traum vom Glück
von Lilly Bernstein

Bewertet mit 4.5 Sternen

Als Anna 1941 bei ihrer Tante Marie und Onkel Matthias in der Bäckerei aufwächst, gibt es für sie nichts schöneres als den Geruch von frischem Graubrot und geschmolzener Schokolade. Obwohl Krieg herrscht, geht es ihnen ganz gut, denn sie haben immer genug zu essen und es ist warm in der Backstube. Alles ändert sich als Matthias einberufen wird und Marie plötzlich mit der kleinen Anna allein da steht, zudem erwartet sie noch ein Kind. Nach dem Krieg wird es für die kleine Familie viel schlimmer als vorher, denn ihre Bäckerei liegt in Trümmern und sie wissen nicht, wie sie sich mit den spärlichen Lebensmittelmarken ernähren und den Ofen heizen sollen. Eine Zeit voll Entbehrungen und Hunger, dennoch halten Marie und Anna immer an ihrem Traum fest die Bäckerei irgendwann wieder zu eröffnen. Ein wunderbarer historischer Roman, ich habe von Anfang bis Ende mit Anna und Marie mitgefiebert! Ich habe den Hunger und die Kälte richtig spüren können und hatte fasst schon ein schlechtes Gewissen, wenn ich ein Stück Schokolade gegessen habe, denn ich war voll und ganz in der Nachkriegszeit gefangen und wusste wie schwer es ist an ein Stückchen Schokolade ranzukommen! Lange hat es kein historischer Roman mehr geschafft, mich so in die Zeit zurück zu versetzen und alles mit den Protagonisten mitzuerleben! Die Autorin hat es wunderbar geschafft die Zeit des zweiten Weltkriegs mit Luftangriffen und dem Schutz in Bunkerräumen, aber vorallem auch die Zeit danach unter den Besatzern, einzufangen. Hier hat sie beispielsweise über die Frauen geschrieben, die ein Verhältnis mit Soldaten eingegangen sind, aber auch über den Schwarzmarkt und seine Gefahren! Es wird einem als Leser klar was für diese Menschen ein warmer Mantel oder gar ein paar Schuhe im Winter bedeutet hat und man ist geschockt wie die Leute es teilweise geschafft haben trotz der ganzen Qualen und Entbehrungen zu überleben! Dabei beschönigt die Autorin nichts, aber sie lässt auch nicht alles vollkommen hoffnungslos! Gerade am Ende der Geschichte sind es mir persönlich vielleicht sogar ein paar glückliche Zufälle zuviel gewesen, aber nach dieser schrecklichen Zeit hat man den Protagonisten dies auch von Herzen gegönnt! Und obwohl ich sonst nicht so nah am Wasser gebaut bin, hatte ich zum Schluss wirklich ein paar Tränchen in den Augen! Sowohl Anna als auch Marie sind sehr sympatische Charaktere und haben immer authentisch gehandelt, es war stets nachvollziehbar. Die Personen sind alle mit viel Tiefe gezeichnet worden, nicht nur Anna und Marie sondern auch die vielen anderen Charaktere im Buch, vom Hilfsarbeiter im Krieg, über die Bäckerkonkurrenz, bishin zu einem britischen Soldaten und der guten Freundin von Marie. Auch das Nachwort ist wirklich lesenswert und man erfährt hier wie viel die Autorin recherchiert hat und wie ihr das Thema auch ganz persönlich sehr nahe geht. Dies alles ist auch in jeder Zeile des Romans spürbar! Fazit: Ein historischer Roman, dem es gelungen ist, mich ganz in die damalige Zeit mitzunehmen! Ich habe mit den Protagonisten mitgefiebert und mitgelitten wie schon lange nicht mehr. Ich kann den Roman uneingeschränkt empfehlen, er ist allerdings durch die Zeit der Handlung allein, schon nichts für ganz schwache Nerven.

s. T