Rezension

Historischer Roman + Thriller

Das Geheimnis jenes Tages - Annette Dutton

Das Geheimnis jenes Tages
von Annette Dutton

In diesem Buch begegnen uns im Wesentlichen zwei verschiedene Erzählstränge, die die meiste Zeit unabhängig voneinander erzählen und nicht wirklich miteinander in Verbindung stehen.

Der erste Erzählstrang nimmt uns mit zu Amalie Dietrich ins 19. Jahrhundert. Amalie ist eine einfache, junge Frau, die einen Apotheker geheiratet hat und sich von ihm in die Lehren der Botanik einführen lässt. Sie ist ehrgeizig, arbeitet unermüdlich und bekommt schließlich 1863 die Chance, ins weite Australien zu reisen und dort Pflanzen und Tiere im Namen der Wissenschaft zu untersuchen.

Knapp 200 Jahre später, im Jahre 2009, lehrt die Archäo- und Anthropologin Nadine als Professorin an der Universität Leipzig ihre Studenten über das Wirken der Amalie Dietrich in Australien. Gemeinsam mit ihrer Tochter Alina, die als Backpackerin Australien erleben möchte, unternimmt Nadine die weite Reise auf diesen entlegenen Kontinent. Doch schon kurze Zeit nach der Trennung der beiden, gelingt es Nadine nicht mehr, Kontakt zu ihrer Tochter aufzunehmen und sie bekommt zusehends mehr Angst, um ihr nun verschollenes Kind…

In diesem Roman wurden zwei Genres miteinander verwoben, die auf den ersten Blick kaum zusammen funktionieren mögen: Auf der einen Seite lesen wir rund um die Protagonistin Amalie einen interessanten historischen Roman, auf der anderen Seite erleben wir mit Nadine und ihrer Tochter einen atemlosen Thriller.

Funktioniert hat diese ungewöhnliche Kombination meiner Meinung nach ganz gut. Die Autorin Annette Dutton hat gezeigt, dass sie nicht nur geheimnisvolle Frauenromane schreibt, sondern weiß, wie sie ihre Leser durch atemlose Thriller-Elemente an ihr Buch fesseln kann. Vielleicht wäre es für Frau Dutton tatsächlich eine Überlegung wert, mal einen richtigen Thriller zu schreiben. Mir persönlich hat der Erzählstrang um Nadine nämlich am besten gefallen.

Doch auch den historischen Erzählstrang fand ich sehr gelungen, insbesondere vor dem Hintergrund, dass er zumindest in Teilen auf einer wahren Begebenheit beruht. Besonders hilfreich fand ich daher auch den Anhang dieses Buches, in dem die Autorin die wichtigsten historischen Gegebenheiten noch einmal näher erläutert und ihre eigene Darstellung im Roman mit der historischen Wirklichkeit vergleicht. Da hat sie wirklich gründlich recherchiert und uns als Leser viel lernen lassen über die gemeinsame Geschichte Deutschlands und Australiens.

Leider konnte mich jedoch die Verbindung zwischen den beiden Erzählsträngen nicht wirklich überzeugen. Im Grunde sind diese nämlich beide weitgehend unabhängig voneinander und werden nur durch eine Kleinigkeit miteinander verbunden, die in diesem Buch jedoch meist in den Hintergrund tritt. Dennoch ist das eine sehr interessante und neuartige Erzählform gewesen, die viel Platz lässt für eigene Gedanken zu den Themen Wissenschaft in der Moderne, die damit verbundenen Verbrechen an den indigenen Völkern und die Suche nach der eigenen Identität, wenn die eigene Ethnie in der Vergangenheit von Europäern angegriffen und zum Großteil vernichtet wurde.

Der ernste Hintergrund dieses Buches ist also nicht zu leugnen und hat mich sehr nachdenklich gemacht. Alles in allem werde ich Annette Duttons Buch in guter Erinnerung behalten und sicher gern wieder zur Hand nehmen, auch wenn ich es schade fand, dass die beiden Erzählstränge nicht stärker verbunden waren. Doch das ist sicherlich auch eine Geschmackssache.