Rezension

Historisches Krimi-Highlight

Der Angstmann - Frank Goldammer

Der Angstmann
von Frank Goldammer

Bewertet mit 5 Sternen

1944 in Dresden. Der Krieg nimmt die Bevölkerung mit. Ausgehungert, verunsichert und resigniert blickt man dem drohenden Untergang entgegen. Mitten im Kriegsgewirr wird der grausam zugerichtete Leichnam einer Krankenschwester entdeckt. Man flüstert sich hinter vorgehaltener Hand zu, dass es das Werk des Angstmanns ist. Kriminalinspektor Max Heller glaubt nicht an Ammenmärchen und kommt dank vehementer Suche den Hintergründen des Verbrechens auf die Spur.

„Der Angstmann“ ist ein historischer Kriminalroman und Reihenauftakt, der im dramatischen Umbruch während und nach dem Nationalsozialismus in Dresden spielt.

Der Schauplatz Dresden während des Zweiten Weltkriegs hat mich sofort interessiert. Gerade weil die Stadt furchtbarst ausgebombt wurde, war mein Interesse geweckt. Dresden wurde über Nacht in ein höllisches Inferno verwandelt, das man gemeinsam mit Protagonist Max Heller erlebt.

Der Fall um den Angstmann beginnt etliche Zeit vor der Bombennacht, als die Leiche einer Krankenschwester aufgefunden wird, die eindeutig kein Opfer des Kriegsgeschehens ist.

Kriminalinspektor Max Heller ist mit den Ermittlungen um diesen Mord betraut. Gerade im Hinblick auf die Schrecken des Krieges wirkt es beinah lächerlich, sich wegen einer Ermordeten solche Umstände anzutun. Doch Heller weiß, dass es der Anfang von seinem Ende ist, wenn er sich nicht mit Sorgfalt diesem Fall widmet. 

Protagonist Heller zeichnet sich durch seine Hartnäckigkeit aus. Er bleibt nicht nur stur an diesem Fall dran, sondern hat sich jahrelang dem Nazi-Regime widersetzt, indem er nie der Partei beigetreten ist. Zu seinem Glück hat er sich im Ersten Weltkrieg verdient, so bleibt ihm ein Kriegseinsatz erspart. 

Der historische Rahmen wird unglaublich gut transportiert. Ich mag es, wie Goldammer ein Gespür für die damalige Zeit, die Stadt Dresden und die Polizeiarbeit vermittelt. Man merkt beim Lesen genau, wie Zuständigkeiten nach Parteizwecken verteilt werden, wer tatsächlich an den Führer glaubt, und wie schwierig diese Arbeit im Schatten des Krieges allgemein ist. 

Außerdem erwacht man mitten in der berüchtigten Bombennacht, die man an der Seite Hellers erlebt. Ich denke, dass Goldammer ein authentisches Bild davon geschaffen hat, und mir hat er ihr katastrophales Ausmaß vor Augen geführt.

Der Wechsel vom Kriegsgeschehen in die Nachkriegszeit ist dem Autor exzellent gelungen, und genau das hat für mich dieses Buch zu einem Highlight gemacht. Es ist faszinierend, wie der Übergang vom Nationalsozialismus zum besetzten Gebiet war, wie sich von einem Moment auf den anderen plötzlich keiner mehr als Nazi bekennt und wie die Besatzungsmacht Russland damit umgegangen ist. 

Die Krimihandlung steht auf soliden Füßen und lädt zum Grübeln ein. Denn auch hier bin ich in die Zeit um den Zweiten Weltkrieg abgetaucht, weil denkbare Tatmotive teilweise stark von unserer Gegenwart abweichen, was zusätzlich ein Gefühl für die damalige Lage vermittelt. 

Für mich ist „Der Angstmann“ ein historisches Krimi-Highlight, das ich an Interessierte unbedingt empfehlen kann. Authentische Atmosphäre, eine sture, überlegte Hauptfigur und die redliche Kriminalhandlung haben mich überzeugt, und ich bin auf Hellers weitere Fälle im besetzten Dresden neugierig.

Bisherige Fälle:
1) Der Angstmann
2) Tausend Teufel
3) Vergessene Seelen
4) Roter Rabe