Rezension

Hitler's in the charts again

Er ist wieder da - Timur Vermes

Er ist wieder da
von Timur Vermes

Bewertet mit 0.5 Sternen

Bei mir landete das Buch im Altpapier!

Über Gerhard Polts Video „Der Leasingvertrag“ konnte ich genauso lachen, wie über Walter Moers „Der Bonker“. Für „Iron Sky“ bin ich zweimal ins Kino gegangen, Charlie Chaplins „Der große Diktator“ steht in meinem DVD Regal. Humor ist die richtige Antwort auf braunes Gedankengut, dennoch ist mir bei „Ich bin wieder da“ das Lachen im Halse steckengeblieben. Mir mag sich nicht so recht erschließen, woher der Hype um dieses nun Buch kommt, denn an einem brilliant verfassten Inhalt kann es nicht liegen und nach Lektüre des Inhaltes nicht auch nicht klar, ob die Leser nun über oder mit Hitler lachen sollen. Eigentlich ärgere ich mich jetzt schon, über das Buch zu schreiben, es kommt mir vor, als würde ich Öl ins Feuer gießen und einem eigentlich inhaltlich schwach geschriebenen Werk zusätzlich Aufmerksamkeit verschaffen. Ich möchte mich nun nicht darüber auslassen, was Humor darf oder auch nicht, denn das haben bereits viele andere getan und dies mit treffenderen Worten, als ich sie je zu Papier bringen könnte. Letztendlich sollte man sich auf seinen gesunden Menschenverstand verlassen.

Das Hörbuch wird von Christoph Maria Herbst gesprochen. Viele Hörbuch Fans griffen aufgrund des bekannten Sprechers sofort zu, werden auf den CDs allerdings mit einer „entschärften“ Fassung konfrontiert, in der z.B. eine Passage über Gedanken zur effektiven Massenvernichtung (!) fehlt. Christoph Maria Herbst ist ein begnadeter Sprecher, die Betonung ist gelungen. Vielleicht sogar zu gut, denn man achtet tatsächlich eher auf den Sprecher, als auf den Inhalt.

Tja, der Inhalt... Hitler wacht im Jahre 2011 in Berlin wieder auf, duftet noch nach dem Benzin von 1945 und versucht sich zunächst in der modernen, ihm fremd gewordenen Welt zurechtzufinden. Für den Leser ist dies alles in der Ich-Perspektive durch die Augen des Diktators nachzuvollziehen. Erneut wird er zum Medien- und Politstar. Er wird mit Stromberg verwechselt und macht sich über verweichlichte NPD Mitglieder lustig. Das mag nun für einige ganz vielversprechend klingen, aber abgesehen von ein paar wenigen Stellen, an denen ich schmunzeln musste, ist das Buch doch einerseits ziemlich langweilig, andererseits aber auch schlecht verfasst. Timur Vermes spielt in seinem Buch viel mit Anglizismen, nun, er versucht es zumindest, denn er hält den Gag nicht konsequent durch: „Cool“ ist so z.B. „kuhl“, aber warum ist dann bitte ein Computer für Hitler kein Rechner? Einerseits ist Hitler also mit einfachen, heute benutzten Alltagsbegriffen überfordert, kennt aber dann plötzlich Worte wie „Executive Vice President“ und kann diese fehlerfrei schreiben. Nun, mir ist zugegebenermaßen nicht bekannt, über welchen Wortschatz der Führer verfügte, aber ich bin mir sicher, dass dieses Wort definitiv nicht dazugehörte. Aber zurück zu „Er ist wieder da“: Hitler lässt als Comedian Menschenverachtung und Rassismus vom Stapel, im Buch wird dies von Bürgern willenlos und ohne Gegenwehr hingenommen, aber in Zeiten von Shitstorms ist dies mehr als unrealistisch und zum Glück gibt es in der Realität nach wie vor noch Menschen, die bereit dazu sind, aufzustehen. Die Satire geht also nicht auf, vielmehr drängt sich der Eindruck auf, dass wir es hier nicht mit den Sichtweisen von Hitler zu tun haben, sondern eine frustrierte Weltanschauung des Autors lesen. Und um zur Erkenntnis zu gelangen, dass das deutsche Privatfernsehen in großen Teilen eine Volksverdummung darstellt, braucht es schlicht keinen braunen Zwerg. Dies scheint aber einer der Hauptaussagen des Buches zu sein. Hitler schreibt außerdem ein neues Buch: „Mein Kampf – mit meiner Frau“ und merkt dazu an: "Verkauft sich durch den Titel wie geschnitten Brot." Nun, selbiges gilt für „Er ist wieder da“, denn der Inhalt scheint egal zu sein, Cover und selbst der Preis (19,33€) sind dagegen ein gelungener Marketingzug. Schon bei anderen Publikationen (z.B. Zeitschrift „Der Spiegel“) zeigte sich: Wenn Hitler auf dem Cover ist, stiegen die Auflagen. Und nachdem es bereits schon unzähliche „Sach“bücher über Hitlers Russlandfeldzug, seine Sekretärin und wahrscheinlich auch eins über seinen Nachttopf gab, versuchte sich nun jemand medienwirksam mit Satire.

Tja, ich bin mal auf Timur Vermes nächstes Werk gespannt, denn hier kann er schriftstellerische Qualität beweisen, die er in "Er ist wieder da" nicht an den Tag legt. Oder wird er einfach wieder auf ein funktionierendes, todsicheres Massenphänomen zurückgreifen?  „Er ist wieder da“ landete (sollte ich hier ein „selbstverständlich“ einfügen?) sofort auf den Bestsellerlisten und wird dort wahrscheinlich spätestens dann erneut wieder zu finden sein, wenn der geplante Film in die Kinos kommt. Bei mir landete das Buch übrigens im Altpapier: Ich bot es weder zum Tausch, noch zum Verkauf an. Weg damit! Es bleibt mir die Hoffnung, dass der Autor Timur Vermes wenigstens einen Teil seiner Bucheinnahmen einer wohltätigen Organisation zukommen lässt.

Zum Abschluss eine passende Zeile der Band Exploited, die meiner Meinung nach mehr Aussagekraft besitzt, als die 400 Seiten von „Er ist wieder da“: 

"Looks like trouble's brewing / Wunderbar, auf Wiedersehen / Hitler's in the charts again!"

 

Kommentare

terkina kommentierte am 16. Oktober 2013 um 23:50

Kann dir nur komplett zustimmen!