Rezension

Hitze, Durst und kostbares Wasser

Ein guter Mensch - Jürgen Bauer

Ein guter Mensch
von Jürgen Bauer

Bewertet mit 4 Sternen

~~„It's hot here at night, lonely, black and quiet
On a hot summer night
Don't be afraid of the world we made
On a hot summer night“ (Billy Idol)

Ja, das Leben ist kein Hit. Nicht in der Welt von Marko Draxler.
Das Land verbrennt, die Sonne heizt unbarmherzig. Seit über einem Jahr hat es nicht geregnet, Wasser ist das kostbarste Gut und nur mehr rationiert erhältlich. Die Grenzen zum Süden sind dicht, Flüchtlinge – die Durstigen – leiden in den Auffanglagern noch mehr als der Rest der Bevölkerung. Ohne Geld gibt es kaum eine Chance, weiter in den Norden zu gelangen.
Marko fährt mit Tanklastern Wasser zu den Verteilerzentren. Er will ein guter Mensch sein, seinen Beitrag leisten. Er fühlt sich verantwortlich für seinen labilen Freund Berger, genauso wie für seinen alkoholkranken Bruder Norbert, obwohl er selber immer wieder zu den Verlieren zählt.
Bis sich eine Bewegung - die „Dritte Welle“ - erhebt, gegen die Korruption, gegen die Rationierung, gegen die Ungerechtigkeit.
Dieses Buch erzeugt Durst, die Hitze, der Staub und der Dreck, all das ist fast körperlich spürbar. Mit eindringlicher, knapper Sprache schildert der Autor wenige Tage in diesem aufgeheizten Land und lässt mit einem infernalischen Ende die Emotionen sprichwörtlich überkochen.
Jürgen Bauer legt in seiner Dystopie nicht nur den Finger auf das immer weiter voranschreitende Problem des Klimawandels, vielmehr müssen wir uns die Frage stellen, wann wir bereit dazu sind, die Menschlichkeit über den Haufen zu werfen. Die grässlichen Widersacher Vernunft und Gewissen spielen einander aus und letztlich bleibt nur mehr die Selbsterhaltung als moralischer Gradmesser. „Ich bin doch trotzdem ein guter Mensch“, fragt sich Marko am Ende des Tages. Sind wir das nicht alle?