Rezension

Diese Rezension enthält Spoiler. Klicken, um alle Spoiler auf dieser Seite lesbar zu schalten.

"Hoch oben bei den Sternen gibt es kein Bauchweh."

Kinderklinik Weißensee - Zeit der Wunder -

Kinderklinik Weißensee - Zeit der Wunder
von Antonia Blum

Bewertet mit 4.5 Sternen

Es ist der 3. Juli 1898. In dem kleinen Ort Lübars bei Berlin wird Marlene Lindows Geburtstag gefeiert. Sie ist nunmehr sechs Jahre geworden. Zusammen mit ihrer jüngeren Schwester Emma und der Mutter gibt es feinen Geburtstagskuchen.Der Mutter geht es überhaupt nicht gut, aber sie überspielt es. Auch der Arztbesuch in Berlin hat keine Besserung gebracht. Doch dann geht elles sehr schnell.
..."Pass gut auf dich und unser Emmalein auf", flüsterte Elisabeth
(Zitat S. 9)
Ihre Mutter war tot und sie würden ins Waisenhaus kommen. Um das zu verhindern, geht Marlene mit Emma nach Berlin.

3. Juli 1911 in Berlin Wedding, Waisenhaus. Hier waren Marlene, 19 Jahre, und Emma, 17 Jahre,  die vergangenen Jahre aufgewachsen, hatten eine gute Schulbildung genossen und die Abiturprüfung abgelegt. Ab heute würden sie in Weißensee ihre Ausbildung zur Kinderkrankenschwester beginnen. Die Kinderklinik wurde heute offiziell eröffnet. Emma und Marlene Lindow, die Schwestern waren seit dem Tod der Mutter immer zusammen gewesen. Doch hier durften sie sich keine Kammer zusammen teilen. Die anderen Elevinnen machen es den beiden nicht einfach, stammten sie doch aus besserem Haus. Das lässt man die beiden oft spüren und dann steht da auch die Frage im Raum, wie kommt es, dass sie so eine gute Schulbildung hatten und nun hier ihre Ausbildung begannen? Marlenes größter Wunsch ist später Kinderärztin zu werden. Sie hat auch einen Unterstützer, Maximilian von Weilert. Emma hingegen nimmt das Leben leicht und fällt auf das Liebesgeplänkel des Melkers Tomasz herein. Aber bei allem sie liebt ihre Arbeit.
Dass der Roman einen historischen Hintergrund hat und welche Geschichte der Kinderklinik in all den vergangenen Jahrzehnten spielte, ist von der Autorin großartig recherchiert, thematisch in die Handlung eingewoben.
Auszug aus der Rede des Bürgermeistres Woelk:
..."Die Fürsorge des Volkes für seine Jüngsten ist ein Maßstab für die Kultur eines Volkes! ..."nicht nur eine Stätte für ernährungsgeschwächte Säuglinge oder Frühgeborene, sondern eine Anstalt einzigartiger Ausgestaltung: ein kommunales Krankenhaus, in dem alle Anlagen und das gesamte Personal auf Säuglinge und kleine Kinder spezialisiert sind."
Zitat S. 30
Auszug aus der Rede Dr. Ritter:
..."Mit unserer Klinik treten wir an, ... Dazu sind der Klinik eine Nahrungsbereitungsanstalt und ein Kuhstall angegliedert, beides vereint unter dem Dach der Milchkuranstalt."
Zitat S. 31

Die Entwicklung der beiden Protagonistinnen sind von der Autorin sehr authentisch dargestellt. Man darf nicht vergessen, es war die damalige Kaiserzeit! Der Werdegang beider wird von einigen Seiten mit Argusaugen bewacht, denn da war ja noch immer die offene Frage des Unbekannten zu seinen beiden Schützlingen. Hinzu kamen natürlich auch noch Neid und Mißgunst zwischen den Elevinnen.
Das ausführliche Nachwort der Autorin am Ende gibt dem Leser Einblick in die Historie. Die Familie meiner Mutter lebte in Weißensee. Ich habe mal etwas recherchiert und war nicht sehr weit von der Klinik entfernt. Leider ist meine Mutter, geb. 1929, im vergangenen Jahr verstorben. Gern hätte ich mich mit ihr darüber ausgetauscht, was sie dazu für Wissen hatte. Bei meinem nächsten Berlin-Besuch werde ich die Stätte mal aufsuchen, bzw. das was noch davon übrig ist.
Im Herbst folgt der zweite Band "Jahre der Hoffnung", den ich auf jeden Fall lesen werde.
Ich gebe dem ersten Band meine  Leseempfehlung.