Rezension

Hochinteressante Geschichte, großartig geschrieben

Lenz - Michael Theurillat

Lenz
von Michael Theurillat

Bewertet mit 5 Sternen

Mir ist nicht klar gewesen, dass es sich um den sechsten Teil einer Reihe handelt. Aber das hat mein Vergnügen an diesem großartig geschriebenen Roman in keiner Weise getrübt. Tatsächlich freue ich mich darauf, alsbald die vorangegangenen Bände zu lesen und habe mir den ersten bereits gekauft.

Ich weiß ja nicht, wie es sich bei den anderen „Fällen“ verhält, aber selbst wenn ein Kommissar ermittelt, gibt es in diesem hier keinen spannungsgeprägten klassischen Krimiplot,. Von daher sind die enttäuschten Erwartungen mancher Leser durchaus verständlich.

Kommissar Eschenbach kehrt zurück aus einer dreimonatigen Auszeit in Kalifornien und sieht sich völlig frustrierten Kollegen gegenüber, die mit seiner überraschend eingesetzten Stellvertreterin so gar nicht zurechtkommen. Hastige und schlampige Ermittlungen in einem Todesfall geben ihm zu denken. Er ist nicht bereit, sich mit den vorschnellen Ergebnissen zufrieden zu geben und bohrt nach. Möglicherweise ist ein guter Freund in die Sache verwickelt – Lenz – den er gerade jetzt vergeblich zu kontaktieren versucht. Die einzelnen Handlungsstränge, jeder für sich interessant, werden wechselweise fortgeführt und ergeben am Ende ein schlüssiges Ganzes.

Der mir bis dato unbekannte Autor entwickelt hier eine ziemlich komplexe Geschichte, die immer wieder tief in die Vergangenheit der Hauptfiguren zurückgeht um die aktuellen Geschehnisse verständlich zu machen. Was mir hier so gut gefallen hat, sind die Inhalte und die Erzählweise. Seine klugen Protagonisten lässt er entsprechend kluge, jedoch stets unterhaltsame Gespräche führen, und offenbart dabei ein illusionsloses, bisweilen zynisches Bild der heutigen Gesellschaft und der politisch-wirtschaftlichen Verstrickungen. U. A. bietet er einen (für mich) anderen Blick auf die Konflikte in Syrien und die dortige Interessenlagen. Keine Ahnung, ob das jetzt genau  den Tatsachen entspricht, aber ich bin sicher, der Autor hat das recherchiert und leider klingt es für mich so gar nicht nach reiner Fiktion.

Und weil all das so rund und flüssig und jederzeit verständlich erzählt, dazu mit erfrischenden,  heiter-unterhaltsamen Momenten aufgelockert wird, wie z. B. das Zusammenspiel von Kommissar Eschenbach und zwei jungen Angehörigen der „digitalen Generation“ bei einer nicht ganz legalen Aktion, hat mir das Lesen ungeheuren Spaß gemacht.