Rezension

Höchst amüsant, dennoch aber auch nachdenklich stimmend

Wolkenbruchs wunderliche Reise in die Arme einer Schickse
von Thomas Meyer

"Wolkenbruchs wunderliche Reise in die Arme einer Schickse" von Thomas Meyer war ein herrlich ausgewogener Lesegenuss.
Der Schreibstil ist locker und mitreißend. So manche Szene ist höchst amüsant, so dass ich einige Male herzhaft lachen konnte. Gleichzeitig gelingt es jedoch Thomas Meyer in seiner lockeren Schreibweise auch Kritik anklingen zu lassen. So befasst er sich mit Übermüttern, Männern, die sich nicht trauen gegenüber ihren Frauen ihre Meinung zu vertreten, Vorurteilen gegenüber jüdischen Menschen und erzwungenen Lebenswegen, die jungen Menschen ihrer Entwicklungsmöglichkeiten berauben.
Die Sprache ist etwas ganz besonderes und neu für mich. Die Protagonisten sprechen überwiegend jiddisch und so musste mancher Satz ein zweites Mal gelesen und dabei auf Anregung des Autors laut mitgesprochen werden. Damit findet man sich dann sehr gut zurecht und notfalls besteht die Möglichkeit im Glossar nachzusehen. Da ich sehr gerne Bücher mit außergewöhnlicher Sprache lese, hatte ich viel Freude beim Lesen.
Die Protagonisten selbst sind ebenfalls jiddisch dargestellt. Das hat mir gut gefallen, gewinnt man doch einen guten Einblick in die Umgangsformen und Gebräuche einer jüdischen Familie. Auch wenn vermutlich einiges humoristisch-überspitzt dargestellt ist, habe ich noch einiges neue Wissen vermittelt bekommen.
Mordechai - Motti - Wolkenbruch kann sich nicht mehr mit dem Leben identifizieren, das seine Eltern, insbesondere seine Mame, für ihn vorgesehen haben. Ist er Anfangs noch sehr unsicher und rebelliert eher innerlich, beginnt er immer mutiger zu werden. "Den eigenen Weg zu gehen, überlegte ich, heißt wohl nichts anderes, als sich den Dingen zu stellen, die einem begegneten. Nicht zu versuchen, sie zu umschleichen. Nicht vor ihnen stehen zu bleiben. Sondern durch die Schwierigkeiten hindurchzumarschieren."
Mitzuerleben, welche Schwierigkeiten ihn alles erwarten, ist teils sehr komisch, teils auch tragisch. Es ist ein leichtes, Motti gegenüber Sympathie zu entwickeln und mit ihm mitzufühlen.
Die größte Schwierigkeit, die Motti auf seinem Weg zu sich selbst begegnet, ist seine Mame. Seine "stets leicht agitierte, überpräsente Mutter, um alles besorgt und unnachgiebig in ihrem Willen". Diese Frau sympathisch zu finden, ist bei weitem nicht so leicht, macht sie doch ihrer Familie so manches Mal das Leben unnötig schwer. Aber dennoch geht gerade von ihr auch durchaus ein Teil des Humors dieses Buches aus.
"Wolkenbruchs wunderliche Reise in die Arme einer Schickse" von Thomas Meyer hat mir vergnügliche Lesestunden beschert. Ich kann diesen Roman allen Lesern empfehlen, die Freude an speziellen Charakteren und einem höchst amüsanten Schreibstil haben.