Rezension

Höchst unterhaltsame Gesellschaftssatire

Madame Ernestine und die Entdeckung der Liebe - Leona Francombe

Madame Ernestine und die Entdeckung der Liebe
von Leona Francombe

"Vergiss nicht zu träumen, Cherie. Im Traum wirst du Orte besuchen, an die du sonst nie gekommen wärest." Dieses Lebensmotto bekommt die eher unscheinbare Ernestine von ihrem Vater mit auf den Weg, einem Fleischer in der belgischen Provinz. Das und eine zerlesenen Homer-Ausgabe als Lieblingslektüre, ebenfalls vom Vater geerbt, reicht für Ernestine, um in ihrer Dachkammer bei Erdbeertee nach getaner Arbeit als Haushaltshilfe ein beschauliches Leben zu führen. Wäre da nicht ihr in Schwierigkeiten geratener Arbeitgeber Harry sowie der melancholische Starpianist Balthasar, aber auch die etwas labile Freundin aus Kindertagen, deren Schicksale Ernestine berühren und aus ihrem kleinen Idyll reißen. Dann nämlich zeigt sich die couragierte Seite der sonst eher zurückhaltenden Dame und auch Ernestines bislang beschaulich-eintöniges Leben nimmt nun eine überraschende Wendung.

Spätestens seit Barbery`s "Eleganz des Igels" , einem philosophischen pas de deux zwischen der concierge Renee und der hochintelligenten vierzehnjährigen Paloma, wissen wir um die versteckte Bedeutung der eher unbeachteten Außenseiter der Gesellschaft. Hier wie dort eine höchst unterhaltsame und intelligente Gesellschaftssatire, humorvoll und besinnlich zugleich. Kurz: das absolut richtige für neblig-trübe Novembertage!