Rezension

Hörbuchrezension: Gute Sprecherin, halbgarer Fantasythriller

Das neunte Haus - Leigh Bardugo

Das neunte Haus
von Leigh Bardugo

Bewertet mit 3 Sternen

Galaxy Stern kann Geister sehen. Und sie weiß: Nicht alle Geister sind nett. Nach einer besonders schlimmen Erfahrung mit der Anderwelt, rutscht sie in die Drogenszene ab. Doch sie hat Glück: Yales Dekan wird auf sie aufmerksam. Alexs paranormale Fähigkeit macht sie interessant für das Haus Lethe, eine geheime Verbindung, die acht Studenten-Gruppierungen kontrolliert. Diese wirken – auf Geheiß der Reichen und Mächtigen – unterschiedliche Magie. Börsenkurse aus den Eingeweiden von lebenden Menschen lesen? Wetterzauber? Kein Problem für die Elite von Morgen. Der attraktive Darlington nimmt Alex unter seine Fittiche und wird ihr Mentor. Dann geschieht ein Mord, Darlington verschwindet und Alex ist auf sich alleine gestellt.

Leigh Bardugo schätze ich generell sehr. Ihr erster "Erwachsenenroman" hat mir allerdings weniger gut gefallen. Dreiviertel des Buches passiert im Grunde nichts. Der in der Inhaltsangabe angepriesene Mord verkommt zur Nebensache. Stattdessen bekommen HörerInnen ausgiebig Rückblicke und Informationsschnipsel zur Magie der verschiedenen Häuser, Biografien und dem Alltag in Yale um die Ohren gehauen. Ich habe mehr als 200 Seiten gewartet, dass die Geschichte endlich anfängt. Dafür wurde ich im letzten Drittel nur so von Wendungen und dramatischen Spitzen überrollt. Es nahm gar kein Ende mehr.

„Das neunte Haus“ soll düsterer und erwachsener sein als alles, was Bardugo bis dato geschrieben hat. Ich meine, sie hat sich nicht wirklich weit von der Jugendfantasy entfernt. Unter der harten, versifften Oberfläche (sexueller Missbrauch, brutale Rituale, Drogen, Korruption und Mord) schlummert meines Erachtens immer noch das typische Young Adult. Gerade die jugendlich-rotzige Art von Protagonistin Alex Stern und leise romantische Töne dürften viele ältere Jugendliche ansprechen. Gleichzeitig blickt Bardugo kaum über Yales Tellerrand hinaus, so dass ihre großangelegte magische Verschwörung schnell zur üblichen Campus-Fantasy schrumpft, statt die Welt groß und komplex erscheinen zu lassen. Die meisten Nebenfiguren wirken flach, manche ärgerlich unreif: Es grenzt an ein Wunder, dass Yale seine magischen Machenschaften so lange geheim halten konnte bei der Menge an Flitzpiepen, die hier rumlungern und ungefähr so unauffällig sind, wie der Elefant hinterm Farn.

Dabei will ich gar nicht behaupten, die Story sei durchweg langweilig. Dass man dranbleibt, dafür sorgt alleine schon Vera Teltz, die gekonnt liest und die spröde Art von Alex Stern spiegelt. Immer wieder finden sich auch mal spannende Szenen. Zusammenhänge werden aber viel zu spät erkennbar. Unter der Last des Infodumpings einerseits und andererseits bewusst vorenthaltenen Informationen, fällt es auch schwer die Figuren einzuschätzen. Für mich wurde die Geschichte um ein Vielfaches interessanter, als Bardugo sich endlich tiefergehend mit Galaxys Zeit in der Drogenszene befasste.

Gegen Ende zieht Bardugo das Handlungsnetz enger zusammen, baut Twists und Action ein. Und ich bin wieder nicht ganz zufrieden. Zuviel strömt plötzlich auf mich ein. Ich werde das Gefühl nicht los, ewig hingehalten worden zu sein, nur damit ich jetzt ehrfürchtig über die Finten und Verknüpfungen staune. Das allerdings gelingt mir nicht: Die Figuren hängen bis zuletzt zu starr in der Struktur des Buches, statt das Buch mit Leben zu füllen. Und wenn ich mich frage, ob mich ihr weiteres Schicksal ernsthaft interessiert, muss ich leider sagen: Mein Interesse ist verschwindend gering.

Fazit: Unausgewogener Urban-Fantasy-Thriller mit einigen fesselnden Momenten und interessanten Ideen. Meiner Meinung nach zu inkonsequent für die erwachsene Leserschaft verfasst und zu stark konstruiert.