Rezension

Hört auf, wenn es am schönsten ist

Fading Colors - Carrie Elks

Fading Colors
von Carrie Elks

Bewertet mit 3 Sternen

"Fading Colors" handelt von Beth, deren Leben am College eine dramatische Wendung nimmt, als ein guter Freund von ihr und ihrem Partner, Niall, an einer Drogenüberdosis stirbt. Beth erträgt die Schuldgefühle nicht und zieht sich in sich selbst zurück. Neun Jahre später ist ihr Leben wieder in geordneten Bahnen. An ihrer Seite ist ein älterer Mann, Simon, der ihr vor allem Sicherheit und Geborgenheit gibt. Dass die Leidenschaft in ihrer Ehe fehlt, merkt sie erst, als sie beruflich wieder auf ihre Collegeliebe Niall trifft. Ein Strum an Gefühlen bricht auf sie herein und sie erkennt, dass sie erst zu sich selbst finden muss, um wieder zu anderen finden zu können.

Ich habe für meine Verhältnisse wirklich lange gebraucht, um in die Geschichte hineinzukommen. Ein großer Knackpunkt ist für mich, dass mich die Rückblenden von vor neun Jahren am College kaum berühren können. Sie fallen immer sehr knapp aus und sind geprägt von Drogenmissbrauch. Das Drogenthema ist so dominant, dass sich die Figuren für mich überhaupt nicht entfalten können und dass ich vor allem (und das stört mich wirklich am meisten!) diese große Liebe, die die Erzählung mir zwischen Beth und Niall weismachen will, nicht empfinden kann.

Unabhängig von den Rückblenden ist auch der Start in die Gegenwart sehr holprig. Die Erzählatmosphäre ist sehr melancholisch, die Leichtigkeit, die ich in Liebesgeschichten normalerweise suche, fehlt komplett. Beth ist nicht glücklich in ihrem Leben und in ihrer Ehe und das drückt eben auf die Stimmung von mir als Leserin.

Bis hierher könnte man meinen, dass ich für "Fading Colors" höchstens zwei Sterne vergeben könnte, aber ich vergebe letztlich drei Sterne, denn so schwach wie die erste Hälfte der Geschichte ist, so stark sind letztlich die Gegenwartsepisoden der zweiten Hälfte.

So sehr die Liebesgeschichte für mich zwischen Beth und Niall nicht in der Vergangenheit funktioniert, umso besser klappt das dafür in der Gegenwart. Beide Figuren werden wesentlich mehr dem Leser nähergebracht. Niall als verrückter Künstler, der chaotisch ist, aber vor allem ein Familienmensch, humorvoll und unheimlich charismatisch. Wie er sich für Beth letztlich hingibt, immer im genau dem richtigen Moment alles gibt oder sich eben zurücknimmt, das ist letztlich ein würdiger Partner für Beth.

Beth selbst ist für mich aber das Highlight der Geschichte. So unglücklich sie am Anfang wirkt und so unnahbar, wie sie am College wirkt, umso stärker ist sie letztlich. Es wird eine Frau gezeigt, die zu sich selbst findet. Die sich von den Schuldgefühlen aus ihrer Vergangenheit endlich lösen kann, die begreift, dass es nicht immer nur um die Frage geht: "Was will xy?", sondern: "Was will ICH?" Und genau mit dieser starken Botschaft wird eben eine tolle Geschichte erzählt. Wir haben eine Liebesgeschichte, aber die ist in meinen Augen nur ein wichtiger Aspekt von vielen. Es geht auch um die Selbstfindung von Beth, aber auch um Drogenmissbrauch und körperlicher Missbrauch.

Das ist der dritte wichtige Handlungsbogen: so sehr mich das Thema in den Kapiteln der Vergangenheit stört, desto mehr hat es mir in der Gegenwart verpackt gefallen. Beth arbeitet für ein Suchtberatung, trifft dort auf Drogenabhängige und auf Kinder, die davon betroffen sind. Hier wird das Thema ernst und berührend erzählt. Und dieser Aspekt ist es auch, in der die Liebesgeschichte und die Selbstfindung letztlich zusammenfließen und ein wunderbares Gesamtbild darstellen.

Fazit: Als die Geschichte in "Fading Colors" sich endlich gefunden hat, muss sich schon enden. Ausnahmsweise kann ich der Phrase "Man soll aufhören, wenn es am schönsten ist" nicht zustimmen. Dafür hätte sich die Geschichte den Einstieg sparen können. Ein melancholischer Einstieg und sehr schwache Rückblenden lassen nicht erahnen, dass sich letztlich doch noch überzeugende Handlungsstränge und starke Figuren zwischen den kommenden Seiten verbergen. So gebe ich nur drei Sterne und hoffe inständig, dass der Rest der Reihe das Niveau vom zweiten Teil des Auftaks durchgängig halten kann.