Rezension

Hohe Erwartungen konnten nicht erfüllt werden

Die Geschichte der Bienen - Maja Lunde

Die Geschichte der Bienen
von Maja Lunde

Bewertet mit 3.5 Sternen

Maja Lundes 'Die Geschichte der Bienen' ist kein Naturlehrstück, keine mit erhobenem Zeigefinder drohende Warnung, die man als Konsequenz der in den letzten Jahren immer wieder auftauchenden Warnung vor dem Verschwinden der Bienen vielleicht erwarten konnte und in literarischer Form besonders begrüßt hätte. Es ist eine Verknüpfung von Lebensabschnitten dreier Personen, deren Leben in den Jahren 1852, 2007 und 2098 untrennbar mit dem Schicksal der Bienen verknüpft sind und erzählt so die Geschichte der Bienen und skizziert eine möglichen Zukunft ohne sie.

Ein verbitterter, depressiver Forscher, dessen Vision für einen neuen Bienenstock ihm neuen Tatendrang verleiht, ein 'Bio'-Imker, dessen Bienen von heute auf morgen verschwinden, eine Bestäuberin auf der verzweifelten Suche nach ihrem Sohn, der im Wald einen mysteriösen Unfall hatte und der daraufhin von der Regierung mitgenommen wurde.

In allen drei Erzählebenen stehen die Erwartungen, die Eltern an ihre Kinder stellen und die Konflikte die daraus entstehen, im Vordergrund. Das drängt die eigentlich erwartete Hauptthematik, die Bienen und das Leben mit ihnen bzw. ohne sie, in den Hintergrund. Maja Lundes Buch ist ebenso wie eine bescheidene Biologiestunde ein Buch über den Generationenkonflikt und Familiendrama hoch 3. Ihre Skizzierung unserer Welt im Jahre 2098 hat etwas von typischen Endzeitszenarien und wirkt wie Science Fiction. Wahrscheinlich ist die Darstellung gar nicht so unrealistisch, doch der Leser verliert sich etwas in den teilweise sehr von Konflikten überladenen Familienszenarien und vermisst den eigentlichen Hauptdarsteller: die Bienen.

Sprachlich ist Maja Lunde bzw. der Übersetzerin ein rundes Werk gelungen. Gekonnt flechtet sie immer wieder Metaphern ein, die Parallelen zwischen dem Leben der Menschen und dem der Bienen aufzeigen, was die Universalität und Vorbildfunktion des Lebens in einem Bienenstock verdeutlicht. Der ständige Wechsel zwischen den Handlungspielorten hat für mich ein zügigiges Vorankommen und schnelles Lesen gefördert, anderen war dies jedoch zu unruhig und sie haben die verschiedenen Stränge nacheinander gelesen. Das ist grundsätzlich genauso möglich, nimmt dem Leser aber ein wenig die Überraschungseffekte, wenn zeitübergreifende Verbindungen zwischen den jeweiligen Protagonisten nach und nach aufgedeckt werden. Optisch und haptisch hat das verantwortlichen Designstudio ein/en wunderbares/n Buch/umschlag geschaffen, der überragend die Thematik Bienensterben/Umwelt verarbeitet und bei bloßer Berührung zum Kauf drängt.

Ein durchaus lesenswertes Buch, das leider teilweise falsche Schwerpunkte setzt. Hätte sich die Autorin mehr auf die Bienen und ausschließlich auf deren (fehlende) Einflüsse auf das Leben der Menschen konzentriert, hätte das Buch packender, schockierenden und bewegender sein können. So wirkt es oft zu künstlich, zu unnatürlich, nämlich immer genau dann, wenn es nicht um die Bienen geht. Wahrscheinlich war auch deshalb der Imker für mich die Person, mit der ich mich am meisten identifizieren konnte und dessen Schicksal mich am meisten bewegt hat, weil seine Handlungen, selbst die in größter Verzweiflung, stets im direkten Zusammenhang mit seinen Bienenvölkern standen.