Rezension

Holmes und ich - Die Morde von Sherringsford

Holmes und ich - Die Morde von Sherringford - Brittany Cavallaro

Holmes und ich - Die Morde von Sherringford
von Brittany Cavallaro

In seinen Fantasien lösen sie schon lange gemeinsam die spannendesten Verbrechen, doch in Wirklichkeit haben sie noch kaum ein Wort miteinander gewechselt, aber das soll sich ändern. Als Jamie Watson - Nachfahre des berühmten John Watson - auf das gleiche Internat wie Charlotte Holmes - ihrerseits Nachfahrin des berühmt-berüchtigten Sherlock Holmes - wechselt, kann er es kaum erwarten, ihre Bekanntschaft zu machen und seinen Detektivfantasien so leben einzuhauchen. Charlotte scheint diese Fantasien jedoch nicht zu teilen und zeigt sich abweisend. Als die beiden allerdings in einen Mordfall verwickelt werden, bleibt ihnen nichts anderes übrig, als zusammenzuarbeiten und ihre Unschuld zu beweisen. Doch irgendjemand scheint es auf sie abgesehen zu haben und dieser jemand hat ein Händchen dafür, seine Spuren zu verwischen. Für diesen Fall sind detektivische Höchstleistungen erforderlich.

Vorweg muss ich wahrscheinlich sagen, dass ich selber nicht die Originalgeschichten über Sherlock Holmes gelesen habe und auch sonst kein großer Holmes-Fan bin, auch wenn mich sowohl seine Persönlichkeit als auch seine Geschichte, besonders im Bezug auf dieses Buch, interessieren. Die Autorin baut bekannteSherlock Holmes-Elemente gekonnt in die Geschichte ein und verknüpft sie mit dem Geschehen. So sind zum Beispiel auch die beiden Protagonisten an die bekannten Romanfiguren angelehnt. Dabei sollte man sie jedoch nicht nur auf ihre Vorlagen beschränken, sondern sie als eigenständige Persönlichkeitenwahrnehmen. Generell sollte man offen und ohne große Erwartungen und Vorurteile an die Geschichte herangehen und sich komplett auf sie einlassen, ohne sie ständig mit bekannten Holmes-Geschichten zu vergleichen. Natürlich weist das Buch Parallelen zu den originalen Sherlock Holmes-Abenteuern auf, wenn man es jedoch nur auf diesen kleinen Teil seiner selbst beschränkt, erkannt man nicht das ganze Potenzial, das in dem Buch steckt und lässt sich einiges entgehen.
Erzählt wird die Geschichte aus der Ich-Perspektive von Jamie Watson, der nur widerwillig London verlassen hat, um für ein Stipendium das Sherringford-Internat zu besuchen. Seinem Traum ,Schriftsteller zu werden, kommt er allerdings nur schleppend näher und so erhofft er sich, durch gemeinsame Abenteuer mit Charlotte, Inspiration zu finden und seinem Erbe gerecht zu werden. Als er jedoch selbst zum Opfer eines Verbrechens wird, ist er fest entschlossen, seine Unschuld zu beweisen. Dafür muss er sich allerdings mit der geheimniskrämerischen Holmes zusammentun. Diese scheint ihm in den Ermittlungen immer einen Schritt voraus zus sein und so tappt der Leser zusammen mit Jamie im Dunkeln und wird dadurch zum Miträtseln animiert.
Charlotte Holmes ist nämlich ein kleines Rätsel für sich. Mit beeindruckenden deduktiven Fähigkeitenschafft sie es sowohl ihre Mitmenschen als auch den Leser zu verblüffen. Während Jamie nämlich die ruhige Konstante in der Geschichte ist, auf die der Leser sich verlassen kann, kommt Holmes einem wahrenWirbelwind gleich, der immer wieder Staub aufwirbelt, nie still verweilt und so immer wieder für Überraschungen sorgt. Sie selbst ist eigentlich eher eine Einzelgängerin, doch Watson hat es sich zur Aufgabe gemacht, ihr Vertrauen zu gewinnen und so bildet sich zwischen den beiden langsam eine Verbundenheit, die sich zu Freundschaft und Partnerschaft etabliert und schließlich auch Platz fürtiefgreifende Gefühle lässt. Trotzdem ist lange nicht sicher, ob dieses Vertrauen auch auf Gegenseitigkeit beruht, da Holmes lange Zeit auf eigener Faust ermittelt und sich schwer tut, Watson an ihren Gedanken teilhaben zu lassen. Trotz ihrer Drogensucht ist Holmes ein hochintelligentes Mädchen, das letzten Endes aber auch nur auf der Suche nach der Anerkennung seiner Familie ist. Während also der Fall von den beiden nach und nach gelöst wird, wird auch das Rätsel um Charlotte Holmes leichter zu durchschauen und Geheimnisse können ans Licht kommen.
Trotzdem hatte ich leider das Gefühl, dass die beiden sich enorm an ihre Vorbilder Sherlock Holmes und John Watson geklammert haben und somit zu stark versucht haben, den beiden nachzueifern. Dabei haben sie ihre eigene Einzigartigkeit untergraben und sich zu sehr darauf konzentriert, dem Original gerecht zu werden, als ihre eigene Geschichte zu erzählen.
Denn ihre eigene Geschichte hat einiges zu bieten. Bis zum Schluss hatte ich immer noch keinen blassen Schimmer, wer hinter dem Verbrechen stecken und es somit auf Holmes und Watson abgesehen haben könnte. Es passierten immer wieder merkwürdige Dinge, die dem Fall eine neue, überraschende Richtung gaben und die Ermittlungen erschwerten, aber auch spannend hielten. Die Auflösung konnte mich schließlich überraschen, indem die Autorin die einzelnen Hinweise schließlich geschickt verknüpft hat und zusammenfließen ließ.