Rezension

Hommage an die Literatur, aber als Roman enttäuschend

Das Original - John Grisham

Das Original
von John Grisham

Bewertet mit 3 Sternen

Wer im aktuellen Roman "Das Original" des amerikanischen Bestseller-Autors John Grisham (62), im August beim Heyne-Verlag erschienen, einen seiner üblichen Justizthriller erwartet, wird überrascht, wenn nicht sogar enttäuscht sein. Zwar geht es auch hier um einen spektakulären Kriminalfall - fünf im Wert unschätzbare handschriftliche Originalmanuskripte des Schriftstellers F. Scott Fitzgerald (1896-1940), darunter auch "Der große Gatsby", werden aus der Bibliothek der Universität Princeton gestohlen -, doch ist dieser Roman kein Justizthriller, sondern Grishams Hommage an die Literatur, seine Liebeserklärung an die Welt der Bücher und Autoren. Hauptpersonen sind die junge Schriftstellerin Mercer Mann und der Buchändler und -sammler Bruce Cable, der des Besitzes dieser Manuskripte verdächtigt wird. Der Leser erfährt im Laufe des Geschehens so einiges über das moderne Verlagswesen, die Eigenarten mancher Schriftsteller sowie die Geheimnisse schriftstellerischen Erfolges. Während die junge Mercer nach ihrem Debüterfolg, inzwischen hoch verschuldet, jahrelang um den Plot ihres zweiten Romans ringt, leben zwei berufserfahrene Kolleginnen seit Jahren erfolgreich von den Tantiemen dreier schlüpfriger Schundromane, die sie in nur einem Monat "rausgehauen" haben: Hier zeigt sich der Widerstreit zwischen Intellekt und Kommerz. Grisham verrät durch seine Hauptperson Bruce Cable zehn wichtige Erfolgsregeln zum Schreiben eines Romans, empfiehlt uns Lesern durch ihn aber auch: "Ich gebe jedem Buch hundert Seiten, und wenn der Schriftsteller bis dahin nichts Interessantes zustande gebracht hat, kommt es weg. Es gibt zu viele gute Bücher, die ich lesen will, um meine Zeit mit einem schlechten zu verschwenden." Möglich, dass auch mancher Leser des "Originals" so gehandelt hat. Fast hätte auch ich abgebrochen. Denn erst nach schleppendem Handlungsaufbau kommt Grisham endlich ab Mitte des Romans (Seite 183) zum Thema. Zusammengefasst: Grisham hätte seine Liebeserklärung an die Welt der Literatur straffen müssen. Als Erzählung auf nur 200 Seiten hätte es eine für Grisham-Fans noch spannende und für Freunde der Literatur sicher lesenswerte Geschichte sein können. Ausgedehnt zum 370-Seiten-Roman ist "Das Original" enttäuschend, was auch in der Bestsellerliste deutlich wird: In der Woche nach dem Erscheinen sofort auf Platz 4, seitdem unaufhaltsam abgestürzt. Allein der Name John Grisham garantiert noch keinen Erfolg.