Rezension

Homo Homini Lupus

Wolf Road - Die Angst ist immer einen Schritt voraus - Beth Lewis

Wolf Road - Die Angst ist immer einen Schritt voraus
von Beth Lewis

Bewertet mit 4.5 Sternen

Es war einmal ein tiefer, dunkler Wald. Dort stand eine Hütte, und in dieser Hütte lebten ein Mann, der manchmal, aber auch nur heimlich, Vater von dem Mädchen genannt wurde, das dort wohnte ... Was gerade so klingt wie ein Märchen ist gar keines. Denn eines Tages erfährt Elka, so der Name des Mädchens, etwas Entsetzliches. Trapper, der Mann, der sie im Wald gerettet und zehn Jahre lang aufgezogen hat, ist ein Mörder. Ein Serienkiller. Und eine knallharte Frau, Sheriff Lyon, ist ihm auf der Spur, und jeder, der gemeinsame Sache mit Trapper gemacht hat, wird ebenfalls gejagt. Elka lässt ihr altes Leben hinter sich und macht sich auf die Suche nach ihren leiblichen Eltern - durch ein Land, das durch eine lange zurückliegende Katastrophe grausam und tödlich geworden ist, doch längst nicht so grausam und tödlich wie die Menschen, die in ihm wohnen.

Was dieses Buch besonders macht, ist, dass wir es hier nicht nur mit einem Thriller zu tun haben, sondern auch mit der Andeutung eines dystopischen Szenarios. Durch vage Erwähnungen Elkas kann man sich zusammenreimen, dass es irgendwann einmal einen Atomschlag oder "saubere Bomben" gegeben hat. Ein paar Überbleibsel davon sind Giftseen und ab und zu Stromversorgung, ansonsten leben die Menschen wie am Ende des 19. Jahrhunderts. Die Brutalität, die sich in so vielem äußert, hat aber nicht unbedingt was mit dieser Katastrophe zu tun, sie ist ein Teil der Menschheit, scheint es, und Elka, in ihrer ungebildeten Art, weiß sie gut rüberzubringen. Um sich auf dieses Buch einlassen zu können, muss man sich mit Psychologie beschäftigen, gerade mit der Psyche von Kindern oder Gewaltopfern. Es geht um Verdrängung und dem Verschieben von Erinnerungen, von Aufbrechen derselben, um Copemechanism der primitivsten Form. Das ist vielleicht nicht jedermanns Sache, zumal man sich viel selbst denken und zusammenstückeln muss, doch dafür bekommt man ein Buch, das einen nicht so schnell loslässt. Ich hätte mir noch einen Ticken mehr Tiefenpsychologie gewünscht, gerade bei der Dynamik zwischen Trapper und Elka, aber ansonsten war es eine faszinierende Lektüre. 4,5/5 Punkten.