Rezension

Hope Harbor - Drama, Komödie, Freude, Traurigkeit, Lachen, Tränen… Liebe. Diese Stadt steckt voller Geschichten.

Der Weg zu den Dünen - Irene Hannon

Der Weg zu den Dünen
von Irene Hannon

Hope Harbor - Drama, Komödie, Freude, Traurigkeit, Lachen, Tränen… Liebe. Diese Stadt steckt voller Geschichten.

"Jemandem zu einem besseren Leben zu verhelfen, ist etwas Wunderbares, aber jemandem den Tag zu erhellen, ein wenig Freude zu verbreiten, wenn der andere das vielleicht am dringendsten braucht, das ist auch etwas sehr Wertvolles. Und das kann jeder."

Hope Harbor ist ein ganz besonderer Ort. Die Menschen kümmern sich mit großer Herzlichkeit, Freundschaft und Mitgefühl um einander, was bereits im Vorgängerbuch zur Gründung einer gemeinnützigen Organisation führte, die sich „Helfende Hände“ nennt. Auch die hübsche Protagonistin des zweiten Bandes, Belinda June „BJ“ Stevens, stellt ihre Arbeitskraft den Senioren dieses charmanten Küstenortes ehrenamtlich zur Verfügung. BJ liebt ihre Arbeit als Architektin und Bauunternehmerin in Hope Harbor und schuf sich in einem winzigen Cottage direkt am Meer ein neues Zuhause. Durch ihr feines Gespür für Menschen blickt sie rasch hinter die Fassade der Witwe Eleonor Cooper, die zwar sehr unter ihren körperlichen Einschränkungen leidet, der Welt aber dennoch stets ein fröhliches Gesicht präsentiert. In ihrem Innersten kämpft die freundliche und fürsorgliche alte Dame jedoch gegen die Leere und Einsamkeit in ihrem Leben. Lediglich ein griesgrämiger alter Kater namens Methusalem leistet Eleonor in ihrem geliebten Zuhause Gesellschaft. BJ möchte eine Möglichkeit finden, um ihr den Umzug in ein Altersheim zu ersparen.     

Als der erfolgreiche Anwalt Eric Nash seine Anstellung in Portland verliert, muss er sich neu orientieren und kehrt dazu für ein paar Wochen in seine Heimatstadt Hope Harbor zurück. Bei seiner Ankunft verursacht er einen Autounfall, und die faszinierende Frau am Steuer des anderen Wagens geht ihm nicht mehr aus dem Kopf. Doch sowohl Eric, als auch BJ sind noch nicht dazu bereit, ihr Leben zu ändern. Eric ist nur auf Durchreise. Er strebt ein von Arbeit und Karriere bestimmtes Leben in einer Großstadt an, während BJ das einfache und friedliche Leben in Hope Harbor schätzt. Doch irgendwann kommt der Zeitpunkt, wo die beiden eine Entscheidung treffen und entweder ihrem Verstand, oder ihrem Herzen folgen müssen.

Der Schauplatz dieser wunderschönen Geschichte ist ein malerischer kleiner Küstenort in Oregon, den ich bereits im Vorgängerband „Cranberrysommer“ kennenlernen durfte. Der einnehmende Schreibstil der Autorin und ihre bildhaften Schilderungen von Landschaft und Menschen haben mich erneut begeistert. Durch die hervorragende Charakterzeichnung und die hohe Authentizität ihrer handelnden Figuren hat Irene Hannon mich emotional tief ins Geschehen einbezogen. Die Darstellung der inneren Konflikte, der Aufarbeitung der Vergangenheit und der persönlichen Entwicklung der beiden Protagonisten ist ihr meines Erachtens ausgezeichnet gelungen. In behutsamen Worten und auf äußerst einfühlsame Art und Weise lässt sie ihre Leser hautnah daran teilhaben. Die Vereinsamung älterer Menschen ist für Irene Hannon ein zentrales Thema dieses Buches. Obgleich Eric und BJ die größte Aufmerksamkeit zuteilwurde, gab es in diesem Buch auch starke Nebenfiguren. Ich schloss sowohl die liebenswürdige Eleonore, als auch den höflichen und würdevollen kubanischen Einwanderer Luis Dominguez sehr schnell ins Herz. Durch seine Person wird die Einwanderungsproblematik in diesem Buch thematisiert. Luis‘ tragische Lebensgeschichte und seine Resignation führten dazu, von den wohlmeinenden Menschen in seinem Umfeld Abstand zu halten. Er kann nicht mehr daran glauben, dass Gott etwas Neues mit ihm vorhat und nach seiner traumatischen Vergangenheit womöglich doch noch die Chance auf ein besseres Leben besteht. Ich habe mich darüber hinaus unsagbar gefreut, dass dem exzentrischen Philanthropen Charley Lopez auch in diesem Band eine wesentliche Rolle zugedacht wurde. Als Inhaber von „Charleys Tacos“ am Hafen von Hope Harbor versorgt er die Menschen in seinem Umfeld mit delikatem Essen. Doch der kluge, charmante und von großem Gottvertrauen erfüllte Mann strebt für seine Mitmenschen mehr als nur die Befriedigung kulinarischer Gelüste an. Er hat ein Herz aus Gold, ist ein Hoffnungsbringer, spendet Zuversicht, stellt Fragen, die teilweise auch unbequem sind. Charley ist ein geistlicher Mensch, der viele Dinge erahnt, auf rätselhafte Art und Weise stets zur rechten Zeit am rechten Ort auftaucht, und großen Frieden ausstrahlt. Charleys Lebensweisheiten und der hohe Stellenwert des christlichen Glaubens, der durch kursiv gedruckte Gedanken und Gebete hervorragend dargestellt wurde, machten dieses Buch für mich zu einer ganz besonderen Lektüre.   

Es gibt einen winzigen Kritikpunkt, ein Faktor, der zwar aufgrund seiner Geringfügigkeit nicht in meine Bewertung einfließt, der mich jedoch das gesamte Buch hindurch gestört hat. Irene Hannon benennt ihre Protagonistin stets nur mit den zwei aneinandergereihten Großbuchstaben „B“ und „J“, nämlich den Initialen ihres Namens, der nach knapp dreihundert Buchseiten zum ersten und einzigen Mal kurz erwähnt wird.

Fazit: Ich empfand diesen Roman aus der Feder von Irene Hannon als große Bereicherung - er bescherte mir ein wunderschönes Leseerlebnis, das ich nur zu gerne weiterempfehle. Der gefühlvolle Schreibstil der Autorin und die hervorragend charakterisierten Figuren haben mir ausgezeichnet gefallen. Dieses Buch hat mich an einigen Stellen zu Tränen gerührt und entgegen meinen Erwartungen den ersten Band mit dem Titel „Cranberrysommer“ sogar noch übertroffen. Ein absolutes Lesehighlight!