Rezension

Humoresker Krimi mit Qualität

Das Crime-Zertifikat - Oliver Schlick

Das Crime-Zertifikat
von Oliver Schlick

Bewertet mit 4 Sternen

Pius Nordberg arbeitet im Inkassowesen. Dass er seinen Lebensunterhalt auf weniger legale Weise verdient, ist ihm mittlerweile egal. Hauptsache, der Arbeitsalltag ist entspannt und die Atmosphäre passt. Doch dann stirbt Papa Ambros, der Boss der Verbrecherorganisation, und mit dem neuen Chef zieht Qualitätsmanagement in die Ganoven-Branche ein.

"Das Crime-Zertifikat. Verbrechen mit Qualität" ist ein lustiger Krimi, bei dem die Betonung eindeutig auf dem Humor liegt. 

Ich lese sehr selten witzige Krimis, weil ich meistens mit Humor in Büchern nicht viel anfangen kann. Manchmal habe ich dann doch auf ein bisschen Schmunzelstimmung Lust, und da hat mich dieses Buch angesprochen.

Thematisch ist Oliver Schlick up to date, nimmt er doch das - meiner Meinung nach verheerende - Qualitätsmanagement auf's Korn. Ein Formular hier, ein anderes Formular da, und bevor man mit der eigentlichen Aufgabe beginnt, beugt man sich über strukturierende Checklisten, wendet beim Arbeitsvorgang selbst Baustein-Texte an, um im Anschluss mit dem Feedbackbogen zu wedeln und einen, Floskel befüllten, Abschlussbericht zu schreiben. Was bei manchen Berufen und Vorgängen Sinn macht, lässt sich auch auf sinnlose Art übertragen. 

So arbeitet diese verbrecherische Organisation im selbstbewussten BWLer-Stil, und setzt betriebswirtschaftliche Erkenntnisse an oberster Stelle bei der Arbeitsroutine. Wenn ein Schlägertrupp mit dem Feedbackbogen wedelt, lädt es eindeutig zum Lachen ein. Vor allem, wenn die Ganoven selbst wenig überzeugt von der Sinnhaftigkeit der administrativen Abläufe sind. 

Die Handlung ist dem Genre entsprechend kriminalistisch angelehnt. Der Tod von Papa Ambros wirft Fragen auf, und Protagonist Pius Nordberg vermutet einen Mord. Hier kommt er nach und nach Hintergründen und Zusammenhängen auf die Spur, die zwar nicht zu einem Spitzenkrimi dafür zu einem witzigen Roman für heitere Lesestunden führen.

Schon allein an der Hauptfigur merkt man Oliver Schlicks Liebe zum Detail und - meinem Gefühl nach - die Absurdität der Realität. Zum Beispiel ist Pius studierter Sozialarbeiter mit einer Ausbildung in Gewaltprävention. Dass ihm genau diese Kenntnisse und Fertigkeiten in seinem Job als Geldeintreiber zugutekommen, ist amüsant eingefädelt.

Schlicks Schreibstil ist großartig, vortrefflich akzentuiert und schafft es den Leser am Dauerschmunzeln zu halten. Der Autor beherrscht die Kunst, das witzig Groteske zu unterstreichen ohne dabei zu künstlich zu schreiben. Auf die Frage, was eine Controllerin überhaupt ist, antwortet Protagonist Pius nonchalant:

„So was wie die böse Hexe. Nur mit Laptop statt mit Besen.“ (S. 153)

Im Endeffekt habe ich "Das Crime-Zertifikat" sehr gern gelesen. Für mich ist es eine kurzweilige, amüsante Lektüre, mit deutlichem Sinn für Qualität und witzigen Begebenheiten, die sogar den Ganoven vor Qualitätsmanagement das Fürchten lehren.