Humoristisch
Bewertet mit 4.5 Sternen
Diese kurze Erzählung scheint nicht ganz typisch für eine fontan´sche Geschichte zu sein. Vielleicht liegt es an der fehlenden Liebesgeschichte oder dem geringeren Stellenwert des Militärs zur Friedenszeit.
Die Poggenpuhls, eine verarmte Familie des "Schwertadels", kämpft in einer Wohnung in einem Arbeiterviertel in Berlin ums Überleben. Die Mutter wohnt mit 3 Töchtern und dem Hausmädchen Friederike zusammen. Die beiden Söhne sind beim Militär. Die unterschiedlichen Charaktere könnten nicht weiter auseinanderdriften und doch hat Fontane diese "Zutaten" mit so viel Feingefühl zusammengestellt, dass sich ein festes und harmonisches Miteinander zwischen Mutter und Kinder, Familie und Dienstangestellte, Töchter und Söhne, Familie und Erbonkel ergibt.
Viele aktuelle Themen der Zeit werden angesprochen: Adelsverpflichtung vs. Individualismus, Nationalismus, Antisemitismus vs. Liberalität, Militär vs. Arbeiter, katholisch vs. evangelisch, usw. Gespickt ist die Erzählung von vielen Lebensweisheiten. "Man muss die kleinen Glücke zählen, dann ist man nicht enttäuscht, wenn das große auf sich warten lässt."
Nie hat man das Gefühl, das etwas gekünstelt ist. Man kann sich als Leser direkt in die Situationen hineinfühlen, die Sorgen um den traumwandlerischen Sohn Leo, die Sorge komplett zu verarmen oder das Ansehen in der Gesellschaft vollends zu verlieren verstehen. Die schönen Seiten lassen sich dafür genießen, die Freude auf den Onkel, der gerne gibt und einem an dem kulturellen Leben teilnehmen lässt, die Abenteuer- und Reiselust.
Fontane nimmt kein Blatt vor den Mund, kritisiert, zieht auf und versieht alles mit einem herrlichen Humor von zynistisch bis komisch-heiter und mit vielen weisen Sprüchen. :D
Es hat viel Spaß gemacht, dieses Buch zu lesen.
Zudem enthält die Studienausgabe im Anhang viele Worterklärungen, den entstehungsgeschichtlichen Hintergrund, geschichtlichen Hintergrund, eine ausführliche Bibliographie etc.