Rezension

Humorvoll erzählt

Der Hamlet und die Schokolinse - Bernd Mannhardt

Der Hamlet und die Schokolinse
von Bernd Mannhardt

Bewertet mit 5 Sternen

„...Ich könnte, ein Sprichwort zitierend, auch sagen: Unterm Strich hat die Großmutter aus der Not eine Tugend gemacht. Denn je öfter sie das Mittagessen erwärmte, desto besser schmeckte es ...“

 

In sechs Erzählungen nimmt mich der Autor mit in seine Kindheit. Dadurch erlaubt er mir auch einen Blick in die Befindlichkeiten der 60er Jahre. Es war eine Zeit, in der man aus dem wenigen Vorhandenen das Beste machte.

Das Buch ist keine logische Abfolge von Erinnerungen. An manchen Stellen ähnelt es der Suche nach der Vergangenheit. Selbst offene Fragen werden angesprochen.

Natürlich stehen Dinge im Mittelpunkt, die die Kindheit geprägt haben. Das waren unter anderen die Besuche bei den Großeltern übers Wochenende. Großmutters Küche blieb ebenso in Erinnerung wie die Spaziergänge und die Gespräche mit dem Großvater.

Der Schriftstil ist von einem feinen Humor geprägt. Das klingt dann so:

 

„...Hätte mir mal einer vorher erklärt, wie man die Kugel zu werfen hat, dann wäre das Malheur auch nicht passiert...“

 

Sein Bruder hatte beim Boccia-Spiel die Kugel an den Kopf bekommen.

Amüsant sind auch die Teile, in denen der Autor sein Tun mit den Krebs, seinem Sternbild begründet.

 

„...Er ist eines der gütigsten Tierkreiszeichen, freundlich, gefühlvoll und weich. Weniger blumig formuliert könnte man sagen: Der Junge hat nahe am Wasser gebaut...“

 

Im Ablauf des Geschehens werden die positiven und negativen Erfahrung mit Schule und Lernen gestreift, Kinderstreiche erwähnt und jugendlicher Übermut dargestellt.

Erste Schreibversuche finden Eingang in die Geschichte. Niederlagen werden nicht verschwiegen.

Das Besondere sind die Feinheiten, die gekonnt zwischen den Zeilen zu lesen sind. Dazu gehören politische Anspielungen:

 

„...Kennen Sie das, wenn Menschen versuchen, eine Autorität oder Fachkompetenz an den Tag zu legen, die ihnen, warum auch immer, nicht eigen ist, und dies dann in unfreiwillige Komik mündet? Aktuell beobachte ich das bei jenen Berufspolitkern, die gleich nach der Schule eine Funktionärskarriere hinlegen...“

 

Während beim Großvater trotz aller Zuneigung zum Enkel eine gewisse konsequente Erziehung zu beobachten ist, geschieht das beim Vater eher mit leichter Hand. Auf einen blauen Brief lautet seine Reaktion:

 

„...Geh den Lehrer mal nicht so auf die Nerven, sonst sieht er sich noch genötigt, weitere alberne Briefe zu schreiben...“

 

Eingebettet in die Erinnerungen ist einer der Texte des Autors. Der kursiv geschriebene Text fällt durch seine unerwartete Pointe auf.

Das Buch hat mir ausgezeichnet gefallen. Der Autor versteht es, mit Augenzwinkern und Leichtigkeit seine Geschichten zu erzählen.