Rezension

Humorvoll und poetisch

Liebe unter Fischen - René Freund

Liebe unter Fischen
von René Freund

Bewertet mit 5 Sternen

Fred Firneis ist am Ende: Er trinkt, isst nichts, hat Panikattacken und schreiben kann er auch nicht mehr. Dabei bräuchte seine Verlegerin Susanne Beckmann gerade jetzt dringend neue Gedichte für einen neuen Band von Fred. Denn Fred ist so ziemlich der einzige, der ihren kleinen Verlag jetzt noch retten kann. Nach einem kurzen Krankenhausaufenthalt und einer kurzen Zeit im Jenseits beschließt Fred, der Aufforderung seiner Herausgeberin zu folgen und Urlaub zu machen - in seiner alten Heimat Österreich an einem kleinen See in einer kleinen Hütte. Dort begegnet er nicht nur dem Förster August mit seinem Nixen-Tattoo, sondern auch Mara, einer Limnologin, die das Fortpflanzungsverhalten der Elritzen untersucht.

Dieses Buch hat mich gefesselt. Als ich die Leseprobe damals gesehen habe, war ich ehrlich gesagt nicht so überzeugt. Der Titel und die Rückseite und das Cover, es hat mich nicht angesprochen, aber ich habe die Leseprobe trotzdem mal anlesen woll - bin ja ein neugieriger Mensch - und dann war ich enttäuscht, als sie fertig war. Es ging einfach nicht mehr weiter. Tja, glücklicherweise liegt das Buch jetzt neben mir und hat mich nicht enttäuscht. Ganz im Gegenteil: Es hat mich sogar begeistert.

Das fing bereits mit der Charaktergestaltung an: Die vier Protagonisten sind auf ihre Art und Weise einzigartig. Fred wirkt zwar klischeehaft mit dem BurnOut und dem Verlust seiner Schreibfähigkeit, doch seine Aktionen und Reaktionen sind dennoch fantastisch. Allein schon seine Anrufbeantworteransage, die ja den ersten Satz des Buches bildet, hat mich zum Lachen gebracht - so würde ich meinen AB ebenfalls besprechen. Auch seine Abneigung gegen Technik, z.B. gegen den "Tablettencomputer", hat mir sehr gut gefallen. Seine Verlegerin ist die einzige Protagonistin, die mir bis zum Schluss nicht ganz sympathisch wurde. Aber auch wenn ich diese Figur nicht so mochte, konnte ich mich dennoch gut in sie hineinfühlen und hatte auch für ihre Situation Verständnis - ich finde, das ist eine hervorragende Leistung. Auch Mara mit ihrem Sprachfehler und August, der urige Förster, konnten mich mit ihren Eigenarten überzeugen. Von dem Doppel-S-Fehler, wie beispielsweise dann "Wazzer" bis hin zu Augusts Nixe und der Tatsache, dass dieser gesunde, kräftige, sportliche junge Mann nicht schwimmen kann. Alles sehr gut durchdacht und auch sehr gut umgesetzt.

Zum Schreibstil und Aufbau des Buches: Das Buch spielt in einem Zeitraum von etwa anderthalb Monaten. Jeder Tag entspricht hier sozusagen einem Kapitel. Mir hat schon von vornherein gefallen, dass verschiedene Medien für die Erzählung genutzt werden. Das geht von dem eben benannten Anrufbeantworter über SMS und Telefonate bis hin zum guten altmodischen Brief. Diese verschiedenen Medien geben dem Buch etwas Skizzenhaftes. Wer jetzt denkt, bei diesem Durcheinander könnte man den Überblick verlieren, der sei beruhigt, denn René Freund schafft es, trotz dieser Vielfalt eine zusammenhängende Geschichte zu verfassen, die logisch aufgebaut ist. Auch wenn man mal spontan von einem Brief mit zig PS zu einem Gespräch zwischen August und Fred wechselt, behält man den Überblick. Ich war schon immer davon fasziniert, wenn Autoren vom reinen Schreiben aus auch zu solchen Möglichkeiten schreiben und dann das Gefühlsleben vielleicht durch Briefe dargestellt wird.
Der Schreibstil ist den Gegebenheiten angepasst: Freds Briefe an Susanne sind immer poetisch und voller Sprachmagie. Mit vielen Metaphern und schönen Satzfindungen. Teils auch sehr philosophisch. Die Sprache wird einfacher und leichter, wenn dann beispielsweise eine Szene zwischen Fred und Mara beschrieben wird; antwortet Susanne, kann dies trocken und kühl wirken. Der Autor spielt hier mit der Sprache und das wirklich meisterlich. So behält man auch in der medialen Vielfalt den Überblick und kann anhand des Grundtons den momentan redenden oder schreibenden oder handelnden Protagonisten sofort erkennen.

Auch die Eigenarten und Worte aus Österreich fand ich wirklich amüsant, sie haben den Roman aufgelockert und ihm eine besondere Athmosphäre gegeben. Mir hat die Gesamtheit dieses Buches wirklich gut gefallen.

Fazit

Ein Roman, der fließt und mich vom ersten Satz an in den Bann gezogen hat. Humorvoll geschrieben und poetisch zugleich.