Rezension

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Humorvoll und tiefgründig

Vater unser
von Angela Lehner

Bewertet mit 5 Sternen

Sprachlich sehr erfrischend mit komplexer Hauptfigur, die ich sehr ins Herz geschlossen habe.

Eva Gruber wird in eine Psychiatrie eingeliefert, weil sie fälsch behauptet, eine Kindergartengruppe erschossen zu haben. Nicht ganz zufällig wird dort auch ihr magersüchtiger Bruder behandelt, der jedoch auf Distanz geht und sich nicht von Eva retten lassen will. Der erste Teil des Buchs ist dabei sehr lustig; Eva fällt aus dem Rahmen, zeichnet sich aber durch eine gute Beobachtungsgabe und einen erfrischenden, schrägen Humor aus. Ihre Schilderung der Mitmenschen ist dabei meistens despektierlich, trifft aber oft auch einen wahren Kern (super fand ich zB die „Bio-Kinder mit Filzhaaren“). Ein Highlight sind die Sitzungen mit ihrem Psychiater, in denen Eva immer wieder das klassische Machtgefüge und die Therapiesituation unterläuft. Langsam nähert sie sich dann auch ihrem Bruder wieder an.

Gerade wenn man denkt, ein eher harmloses Buch über die lustigen Aspekte einer Irrenanstalt in den Händen zu haben, wird es jedoch zunehmend düsterer. Eva fasst einen waghalsigen Plan, um Bernhard zu helfen – sie will ihren Vater töten. Bei der Flucht der Geschwister aus der Anstalt wird dabei einerseits ihr tiefes seelisches Leid immer deutlicher. Andererseits ist der Leser angesichts von Evas Erzählungen und Erinnerungen zunehmend verwirrt, was genau es mit der Familiengeschichte eigentlich auf sich hat. Diese Verwirrung betrifft allerdings auch Eva selbst, der am Ende klar wird, was sie verdrängt hat. Dennoch gibt es kein Happyend.

 

Mir hat das Buch sehr gut gefallen – zum einen aufgrund der treffsicheren, präzisen Sprache, die viel Wahres in wenig Worte packen kann. Auch der Humor und die Schnoddrigkeit von Eva gefallen mir. Zum anderen ist diese Eva ein bemerkenswert vielschichtiges, komplexes Wesen. Sie liebt ihren Bruder, wenn sie auch oft Aggressionsprobleme hat. Sie ist lustig und tief traumatisiert, klug und völlig bescheuert, stark und schwach zugleich. Zwar hat sie selbst oft Probleme, wahr und falsch zu unterscheiden, lügt aber manchmal auch einfach nach Herzenslust.

 

Kurz: Ein Buch, das mir gleichzeitig viel Spaß gemacht und mich sehr berührt hat – und mir bestimmt noch eine Weile nachhängen wird. 

Eva Gruber wird in eine Psychiatrie eingeliefert, weil sie fälsch behauptet, eine Kindergartengruppe erschossen zu haben. Nicht ganz zufällig wird dort auch ihr magersüchtiger Bruder behandelt, der jedoch auf Distanz geht und sich nicht von Eva retten lassen will. Der erste Teil des Buchs ist dabei sehr lustig; Eva fällt aus dem Rahmen, zeichnet sich aber durch eine gute Beobachtungsgabe und einen erfrischenden, schrägen Humor aus. Ihre Schilderung der Mitmenschen ist dabei meistens despektierlich, trifft aber oft auch einen wahren Kern (super fand ich zB die „Bio-Kinder mit Filzhaaren“). Ein Highlight sind die Sitzungen mit ihrem Psychiater, in denen Eva immer wieder das klassische Machtgefüge und die Therapiesituation unterläuft. Langsam nähert sie sich dann auch ihrem Bruder wieder an.

Gerade wenn man denkt, ein eher harmloses Buch über die lustigen Aspekte einer Irrenanstalt in den Händen zu haben, wird es jedoch zunehmend düsterer. Eva fasst einen waghalsigen Plan, um Bernhard zu helfen – sie will ihren Vater töten. Bei der Flucht der Geschwister aus der Anstalt wird dabei einerseits ihr tiefes seelisches Leid immer deutlicher. Andererseits ist der Leser angesichts von Evas Erzählungen und Erinnerungen zunehmend verwirrt, was genau es mit der Familiengeschichte eigentlich auf sich hat. Diese Verwirrung betrifft allerdings auch Eva selbst, der am Ende klar wird, was sie verdrängt hat. Dennoch gibt es kein Happyend.

Mir hat das Buch sehr gut gefallen – zum einen aufgrund der treffsicheren, präzisen Sprache, die viel Wahres in wenig Worte packen kann. Auch der Humor und die Schnoddrigkeit von Eva gefallen mir. Zum anderen ist diese Eva ein bemerkenswert vielschichtiges, komplexes Wesen. Sie liebt ihren Bruder, wenn sie auch oft Aggressionsprobleme hat. Sie ist lustig und tief traumatisiert, klug und völlig bescheuert, stark und schwach zugleich. Zwar hat sie selbst oft Probleme, wahr und falsch zu unterscheiden, lügt aber manchmal auch einfach nach Herzenslust.

Kurz: Ein Buch, das mir gleichzeitig viel Spaß gemacht und mich sehr berührt hat – und mir bestimmt noch eine Weile nachhängen wird.