Rezension

Humorvolle Zeitzeugen

Das Buch ohne Titel - Lina Loos

Das Buch ohne Titel
von Lina Loos

„Ich möchte am liebsten für eine große Idee leben und für eine große Idee sterben … aber … ich habe keine Idee.“

Solchermaßen selbstkritisch äußerte sich einmal Lina Loos ihrem Lehrer gegenüber.

 

Geboren 1882 in Wien als Carolina Catharina Obertimpfler unterhält sie schon früh Kontakt zu einem Künstlerkreis, dem u.a. Peter Altenberg, Karl Kraus und Franz Theodor Csokor angehören. Knapp 20jährig als Schauspielschülerin heiratet sie den mehr als 10 Jahre älteren Architekten Adolf Loos. Die Ehe hält nur kurz, Lina will nicht nur seine Ehefrau und Muse sein, sie hat eigene Vorstellungen, wie sie ihr Leben selbstbestimmt gestalten will.

 

Die kurzen Geschichten und Anekdoten, zusammengefasst in ihrem „Buch ohne Titel“ , beschreiben auf liebenswerte, humorvolle Weise Episoden aus ihrem Leben mit Familie, Freunden und Theaterkollegen. Als Zeitzeugen präsentieren sie Alltag und Flair der Wiener Gesellschaft des beginnenden 20. Jahrhunderts. Mit Geist und Witz hält Lina Loos ihre Gedanken und Kritik zu vielen sozialen und gesellschaftlichen Themen ihrer Zeit fest und bringt sie ironisch verpackt zum Ausdruck. Pathos liegt ihr nicht: schnörkellos, stets im Plauderton erzählt, scheinen ihre Erzählungen leicht und wie soeben auf das Papier geworfen zu sein, sind aber hintergründig, oft selbstironisch und animieren den Leser zum Nach- und Weiterdenke. „Das Buch ohne Titel“ ist eines der Werke, die der Leser immer wieder einmal zur Hand nimmt.

 

"Ich ... begann zu schreiben - ein lustiges belangloses Buch. Gerne hätte ich ein wertvolles ernstes, für alle Menschen wichtiges Buch geschrieben ..." , erklärte Lina Loos einmal.

Belanglos ist diese Sammlung von Geschichten sicher nicht. Sie unterhält auf hohem Niveau. Ich wünsche diesem Buch recht viele Leser!