Rezension

Ich bin etwas enttäuscht...

Scherben der Dunkelheit - Gesa Schwartz

Scherben der Dunkelheit
von Gesa Schwartz

Figuren: 
Da hätten wir sie wieder. Eine der Figuren, die ich in Büchern eigentlich möglichst meide. Diese eine ganz besondere Schneeflocke: Anouk. Sie ist eine von denen, die es schafft, auf jeder Seite ihr Leid zu klagen und nicht mehr kann als „Mimimi“, auf die komischerweise aber alle bauen weil... weil wegen eben. Ich verstehe es selbst nicht. Sie scheint ein Charakter zu sein, der super sympathisch und aufregend hätte werden können. An irgendeiner Kreuzung ist die Autorin dann aber falsch abgebogen und hat nach Frankenstein-Manier aus allen möglichen Bella Swans den Supergau an Schneeflöckchen-Haftigkeit zusammengebastelt. Und wenn schon der Hauptcharakter nervt, und ich bei jedem pseudo-schlagfertigen Spruch von ihr, der eigentlich nur grauenhafter, peinlicher Konter war, die Augen verdrehe, wird es eng für den Rest der Geschichte.
Ihr Gegenstück sticht leider auch nicht aus der Menge der bösen sexy Schnuckelchens heraus. Rhasgar ist ein Magier und der typische verführerische Anti-Held, der ein dunkles Geheimnis hütet und nicht er selbst ist, wenn er nicht mindestens gefühlt jedes Kapitel zu seiner Auserwählten sagt, wie gefährlich er für sie ist und dass sie sich fernhalten muss. Nicht, das Blödchen-Anouk darauf hören würde. Aber natürlich lässt unsere unscheinbare blasse Schönheit sein kaltes, unnahbares Herzchen schmelzen. Außerdem ist er irgendwie nichtmal ein richtiger „Bad-Boy“, wie ich ihn noch hätte akzeptieren können, sondern eher der Hanswurst von Anouk. Es passiert einfach immer und immer wieder, das Anouk-Schnuckiputz Scheiße baut (und zwar richtig) und er sich bei ihr entschuldigt weil... Ja. Pfff. Was weiß ich.

Schreibstil: 
Mit dem Schreibstil der Autorin bin ich mir nicht so sicher. Auf der einen Seite schafft sie kunstvoll vollkommen fesselnde Bilder und Szenerien und ich war teilweise völlig von dieser Magie gefesselt, die sie mich wirklich spüren lassen hat... Auf der anderen Seite sind aber viele Phrasen schon nach kurzer Zeit abgenutzt („Ins Bockshorn jagen“ und immer wieder irgendjemandes Atem irgendwo zu fühlen beispielsweise.) und alles ist einfach viel zu überladen. Die Metaphern, die Gesa Schwartz genutzt hat, hätten locker für fünf Bücher und ein kitschiges Gedicht gereicht. Mein Eindruck ist ja, dass alles möglichst poetisch und tiefgründig erscheinen sollte, das aber voll nach hinten losging. Wenn ihre Metaphern Zucker wären, würde ich ein Jahr zuckend im Kreis rennen. Manchmal kann man es eben auch zu gut meinen.
Allerdings muss ich der Autorin eins lassen: Die guten Seiten ihres Schreibstils haben mich erst dazu gebracht, die völlig überstürzte Romanze zwischen Anouk und Rhasgar einfach erstmal hinzunehmen um abzuwarten, wie sich das alles entwickelt.

Inhalt: 
Die Magie des „Dark Circus“ explodiert auf den ersten Seiten förmlich und ich war ganz angetan von der gesamten Thematik. Dass dann jedoch sofort diese Liebelei zwischen Anouk und Rhasgar entsteht und alle von jetzt auf gleich ganz deep in Love sind, hat dem Ganzen einen bitteren Beigeschmack gegeben. Außerdem begibt Anouk sich regelmäßig trotz deutlicher, wiederholter Warnungen der anderen in Gefahr. Sie benimmt sich teilweise wirklich wie ein Kind, dem man ein Klappmesser in die Hand gedrückt hat.- Das kann einfach nicht gut gehen. Ihre Ausrede für so ein dämliches Verhalten ist immer wieder die blinde Trauer um ihren Bruder. Das konnte ich ihr allerdings wirklich nur bis zu einem gewissen Punkt verzeihen. Sie stürzt sich einfach viel zu oft wie ein freudloses Schäfchen von einem Unheil ins nächste, ohne die verdächtigsten Umstände auch nur einmal zu hinterfragen. Sowas wie „Misstrauen“ existiert nichtmal in ihrem Vokabular, fürchte ich.
Alle restlichen Figuren sind zwar sehr viel liebenswürdiger und ich habe auch sehr gern von ihnen gelesen, allerdings sind auch sie alle auf Stereotypen aufgebaut, die man so eins zu eins auch in vielen vielen anderen Geschichten trifft. Anouk ist ihnen zwar nur ein tonnenschwerer Klotz am Bein, aber natürlich vergöttern die meisten sie trotzdem. Alle vertrauen auf ihr Talent und hoffen, durch sie gerettet zu werden, obwohl sie ihre Fähigkeiten gerade erst entdeckt hat. Diese werden zwar ziemlich genau erklärt und auch beschrieben, allerdings habe ich persönlich mehr Potential in den Talenten von manch anderer Person gesehen und nicht verstehen können, was an ihrer Zauberei so besonders ist. Warum einige dieser wirklich mächtigen Verbündeten es nicht schon allein geschafft haben, aus diesem Teufelskreis „Dark Circus“ auszubrechen, ist mir schleierhaft. Ja, Anouk ist die große Hoffnungsbringerin, aber letztendlich macht sie den kleinsten Teil der Arbeit. Sie fuchtelt ein bisschen mit ihrer Farbenmagie herum und schwuppdiwupp wird sie als Heldin gefeiert. Für meinen Geschmack wird ihr sowieso viel zu viel in die Hände gespielt und nicht geringen Anteil daran hat die Vorarbeit anderer, die sehr viel fähiger sind als sie.

Der eine oder andere von euch wird sich sicher denken, dass ich ruhig mal mehr über die Handlung schreiben sollte, als mich über die Figuren aufzuregen, aber allzu viel Handlung gibt es gar nicht. Die meiste Zeit trainiert jemand oder Anouk suhlt sich in ihrem Elend, wenn sie gerade mal weder sich noch jemand anderen in die Scheiße reitet.
Gesa Schwartz hat am Ende das Ruder noch einmal mit voller Wucht herumgerissen und somit eine Punkte gutmachen können, doch darf ich hier leider nicht viel darüber verraten, da ich Spoiler vermeiden will. Jedoch wäre sie nicht die Gesa Schwartz, die ich beim Lesen von „Scherben der Dunkelheit“ kennenlernen durfte, wenn sie nicht noch einen, und noch einen, und noch einen draufgesetzt hätte. Letzten Endes hätte sie es bei der ersten großen Wendung der Handlung belassen sollen, wenn ihr mich fragt. Denn damit wäre das Finale völlig in Ordnung gewesen und auch ich hätte es sehr gut gefunden, da es viele Makel wettmacht. Aber nein.- Dabei blieb es ja nicht. Deshalb wirken die gesamten letzten Seiten wie völlig zufällig zusammengewürfelt; wie ein Flickenteppich aus verschiedenen Möglichkeiten.
Da wurde leider eine Menge Potential verschenkt.

 

Fazit: Das Grundkonzept ist super. Allerdings sind Story und Schreibstil viel zu dick aufgetragen und  Handlung und Figuren doch sehr vorhersehbar.

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