Rezension

Ich bin etwas enttäuscht

Die Gentlemen vom Sebastian Club - Sophie Oliver

Die Gentlemen vom Sebastian Club
von Sophie Oliver

FIGUREN: 
Lord Philip ist in diesem Buch meine Lieblingsfigur. Er ist eine wirklich angenehme Persönlichkeit, durch und durch Gentleman und sehr bedacht. Da die Autorin ihm auch ein paar kleine Ecken erlaubt hat, wirkt er auch sehr viel realistischer als Freddie. Die wiederum ist zwar die Hauptfigur, für mich aber nicht besonders bemerkenswert. Zwar erfüllt sie ein emanzipiertes Bild im viktorianischen Zeitalter, ist gebildet und mutig und behauptet sich unter all den Männern um sie herum, doch wirkt sie auf mich nur eindimensional. Im Gegensatz zu Lord Philip ist sie unglaublich aalglatt, weiß einfach immer sofort, wie ein Problem zu lösen ist und stellt für mich deswegen keinen interessanten Charakter dar.

SCHREIBSTIL: 
Sophie Oliver hat die Stimmung des viktorianischen Londons authentisch wiedergegeben und entführt gekonnt in den Sebastian Club. Allerdings ist mir nach und nach aufgefallen, dass ihr Schreibstil an einigen Stellen immer wieder zu träge für meinen Geschmack wird, weshalb ich das Buch oft während des Lesens für ein paar Minuten weggelegt habe. So richtig festsaugen konnte ich mich an der Geschichte nicht. Zwar ist genug Fundament da, doch hält sich die Spannung das gesamte Buch über zurück.

INHALT: 
Dank ihres Onkels wird Freddie, getarnt als Mann, in den Sebastian Club aufgenommen, der eigentlich eine frauenfreie Zone ist. Dieser Club hat sich der Aufklärung von Verbrechen verschrieben. Die Idee selbst hat mich sofort begeistert, denn für starke und eigenwillige Frauen in Büchern bin ich immer zu haben. Es dauert jedoch nicht lange, da entpuppt sich Freddie, wie bereits erwähnt, nicht als Heldin, sondern eher als unrealistisches bevorteiltes Glückskind. Das beste Beispiel für mich ist dabei die Tatsache, dass sie rein zufällig über abwegigste Weisen so ziemlich alles weiß, von dem sonst niemand auch nur eine Ahnung hat. Zugegebenermaßen hat mich das schon schnell angefangen zu nerven.
Neben Freddie sind für meinen Geschmack auch viele andere Charaktere zu unfehlbar. Die ganze Zeit haben mir die Ecken und Kanten an ihnen gefehlt, die einer Geschichte erst das richtige Leben einhauchen. Zudem führen besagte Figuren oft Konversationen, die nicht wirklich zur Handlung beitragen und das Ganze nur noch mehr in die Länge ziehen.
Ich habe mich so unglaublich auf dieses Buch gefreut und ich wollte es unbedingt mögen, doch macht die Langeweile für mich einfach zu viel in diesem Buch kaputt, um wirklich Fuß in der Geschichte fassen zu können. Zwar gibt es kleine und große Zwischenfälle, die die Spannung ein klein Wenig anheben, doch sinkt sie genauso schnell wieder. Auch eine Bindung zu den Figuren aufbauen zu können war für mich nicht möglich.

Es ist wirklich so viel Grundlage für einen genialen, historischen Krimi in diesem Buch vorhanden, deswegen ärgert es mich richtig, dass die Story so voller ungenutzter Substanz ist. Alles läuft zu geradlinig und auf wirklich große Herausforderungen stoßen die Ermittler auch nicht.

Trotz allem möchte ich diesem Buch nicht absprechen, dass es sicher viele begeisterte Fans erreichen kann. Für mich persönlich war einfach alles etwas zu glatt, zu farblos und zu unbesonders. Doch kann ich mir vorstellen, dass jemand, der eine ruhige, unaufgeregte Geschichte sucht, hier an der richtigen Stelle ist.