Rezension

Ich bin hier nur Zaungast

Vati
von Monika Helfer

Bewertet mit 3.5 Sternen

Ich fühlte mich bei diesem Buch wie ein Zaungast dessen Anwesenheit und Neugierde hingenommen wird, ohne den man aber auch gut auskäme.

Ich hatte den Eindruck die Autorin hat dieses Buch vielmehr für sich geschrieben, als für ihre Leser. Sie wollte damit der Beziehung zu ihrem Vater auf den Grund gehen. Alles, was sie über ihn weiß, niederschreiben und so vielleicht einen neuen Blickwinkel auf ihn und sich gewinnen.

Deswegen begnügt sie sich auch damit nur das Nötigste über den Familienstammbaum mit den vielen und oft gleichen Namen zu erklären – sie kennt ihn ja. Deswegen bleibt die Geschichte gerne an Augenblicken hängen und schleicht in seiner Handlung voran. Die Autorin seziert lieber einen Moment, eine Aussage oder einen Eindruck ihres Vaters bis ins letzte Detail, als dass sie den Handlungsbogen gespannt hält. Deswegen springt sie in Zeit und Raum ungerührt von den Problemen, die sie den Lesern damit bereitet.

Kurzum: ich fühlte mich bei diesem Buch wie ein Zaungast dessen Anwesenheit und Neugierde hingenommen wird, ohne den man aber auch gut auskäme. Die Autorin behandelt mich als Leser mit einer solchen Gleichgültigkeit, dass ich mich schon fast darüber empören möchte. Doch dann fasziniert sie mich auch mit dieser Attitüde – und mit ihrem Erzählstil. Ihm merkt man an, wie sehr die Autorin der Literatur verbunden ist. Etwas, dass sie vermutlich von ihrem Vater hat.

Die Autorin hat mich dazu gebraucht über sie und ihren Vater nachzudenken. Auch wenn ich ihr egal war, war ich neugierig und wollte diese Vater-Tochter-Beziehung durchschauen – ohne großen Erfolg. Ihr Vater blieb für mich – wie das Cover des Buches – ein verschwommenes Bild, das oft sein Antlitz wechselte. So richtig konnte ich ihn nie fassen, so vielgesichtig war er und wurde er beschrieben. Das ist egal, das habe ich begriffen – was ich verstehe und welche Schlüsse ich ziehe, interessiert niemanden. Deswegen wünsche ich stattdessen der Autorin, dass sie schlauer aus dem Schreiben dieses Buches herausgegangen ist. Dass sie einen neuen Blickwinkel auf ihren Vater und sich gewonnen hat.