Rezension

Ich bin hin- und her gerissen

QualityLand - Marc-Uwe Kling

QualityLand
von Marc-Uwe Kling

Bewertet mit 3.5 Sternen

Gestaltung 

QualityLand wird von Marc-Uwe Kling gelesen. Hierbei handelt es sich wieder um eine Livelesung. Das heißt, man bekommt auch die Reaktionen des Publikums mit. Während das Gelächter in vielen amerikanischen Serien oft nervig ist, fand ich es bei der Livelesung hin und wieder wirklich - haha - witzig. Ein paar Mal musste ich auch aufgrund des Gelächters eines Zuhörers lachen.

Wer schon die Känguru-Trilogie als Hörbuch gehört hat, wird Marc-Uwe Kling als Sprecher bereits kennen. Interessant war, dass Marc-Uwe Kling QualityLand anders gelesen hat, als die Känguru-Reihe. Natürlich lassen sich die Bücher nur schwer miteinander vergleichen. Bei der Känguru-Trilogie musste der Sprecher zwischen der lauten, schneidenden Känguru Stimme und der normalen Erzählerstimme hin und her springen. Da es sich zudem um kleine Szenen handelte, lagen auch die Betonungen anders, als bei QualityLand.

 

Ich musste mich also erst etwas an die neue Interpretation gewöhnen. Allerdings setzt Marc-Uwe Kling auch hier gekonnte Elemente, wie Pausen an den richtigen Stellen oder eben die besagten Betonungen, die ich leider schwer beschreiben kann. Meine Co-Autorin, die sowohl in das Buch rein gelesen als auch in das Hörbuch rein gehört hat, fand auch, dass Klings Humor im Hörbuch deutlich besser zur Geltung komme.

Wir beide haben Marc-Uwe Kling gerne zugehört und fühlten uns auch gut unterhalten.

 

Inhalt 

Kommen wir nun zum Inhalt, der mir etwas Kopfzerbrechen bereitet hat. Marc-Uwe Kling hat hier das dystopische Land QualityLand erschaffen. Hier zählt nur die Superlative. Das System glaubt zu wissen, was sich die Bewohner wünschen. Wünsche müssen also nicht mehr direkt geäußert werden, sondern werden von TheShop, dem einzigen Onlineshop, auch unterbewusst erkannt. So findet Protagonist Peter beispielsweise nach einem schlechten Tag einen Kasten Bier zu Hause vor. Und das ist noch ein harmloser unbewusster Wunsch. Eines Tages bekommt Peter einen Gegenstand geliefert, das sein Weltbild über den Haufen wirft: Das hat er sich nicht einmal unbewusst gewünscht.

 

Neben Peter führt Marc-Uwe Kling noch andere Charaktere in die Geschichte ein. So finden in QualityLand zum Zeitpunkt der Geschichte gerade Wahlen statt. Die Spitzenkandidaten haben es in sich. Auf der einen Seite steht ein Androide, der sich John of Us nennt. Auf der anderen Seite gibt es den rechtsradikalen Politiker Konrad Koch. Also im Grunde haben die Bürger nur die Wahl zwischen Pest und Cholera.

 

Jetzt fragt ihr euch vielleicht, warum ich den Inhalt so schwierig finde. Ich bin hin und her gerissen. Einerseits finde ich die Welt um QualityLand sehr gut durchdacht. Marc-Uwe Kling spricht hier Dinge an, von denen wir nicht mehr weit entfernt sind, oder die bereits in unserer Welt zu finden sind. Immer, wenn ich Leuten, die das Buch nicht kannten, von ein paar Stellen erzähle, mussten sie schmunzeln, was auch zeigt, dass Marc-Uwe Kling die ernsten Themen auch irgendwo humorvoll verpacken kann, obwohl es eigentlich nicht zum Lachen ist.

 

Dann störte mich aber auf der anderen Seite, wie mit manchen Themen innerhalb des Buches umgegangen wurde. Am Anfang hatte ich den Eindruck, die Geschichte mit drei Wörtern beschreiben zu können. (Nein, diese werde ich hier nicht erwähnen).

 

Hier bin ich mir aber nicht sicher, ob es einfach mein Problem mit dem Genre, also der Satire an sich, war. Natürlich wurden hier politische Themen ausgepackt. Allerdings schwang hin und wieder der berühmt-berüchtigte Zeigefinger mit. Und das hat mich extrem gestört. Das geht für mich immer in diese Richtung: "Pass mal auf, ich erklär dir jetzt, wie die Welt läuft." Und da denke ich mir dann immer, dass sich doch jeder seine eigene Meinung bilden sollte. Kritisieren ist für mich kein Problem, aber nicht mit diesem erhobenen Zeigefinger Image.

 

Dennoch legte das Buch nach etwa der Hälfte eine interessante Wendung hin, weil der Grundkonflikt der Geschichte klar war und bearbeitet werden muss.

 

Spannung 

Der Spannungsbogen ist gut aufgebaut und nicht überspannt. Für mich hat es aber etwas lange gedauert, bis die Geschichte in Fahrt kam. Das kann aber auch einfach daran liegen, dass Marc-Uwe Kling erst einmal in die Welt von QualityLand einführen musste, damit die Leser das Denken in dieser Welt verstehen und so auch begreifen, warum einige Dinge in QualityLand einfach nicht funktionieren.

Das Ende kam dann fast etwas zu abrupt. Da hätte ich mir dann noch ein paar Erklärungen gewünscht.

 

Schreibstil 

Marc-Uwe Klings Schreibstil gefällt mir sehr gut. Zum einen muss man als Leser aufmerksam zuhören, um alle Anspielungen verstehen zu können. Und ich vermute, dass ich nicht alle verstanden habe.

Dennoch musste ich mich auch erst etwas an das Stilmittel Roman gewöhnen. Natürlich bauten auch bei der Känguru-Trilogie die Kapitel aufeinander auf. Dennoch waren es für mich hauptsächlich Kurzgeschichten, die dort thematisiert wurden. Es ist so schwer, den Unterschied zu erklären. Ich hoffe, es wird etwas deutlich, was ich meine.

Marc-Uwe Kling hat tolle Dialoge, die mich wirklich gut unterhalten haben. Das Einzige, das ich etwas vermisst habe, waren die falsch zugeordneten Zitate.

 

Gesamteindruck 

Nachdem mir die Känguru-Trilogie so gut gefallen hat, waren meine Erwartungen an QualityLand sehr hoch. Diese konnten zum Teil gehalten werden. An manchen Stellen war ich aber auch etwas enttäuscht, weil ich mir einfach mehr als den erhobenen Zeigefinger erhofft habe.

 

Wer Marc-Uwe Klings ironischen Schreibstil mag und sich kritisch mit der Gesellschaft auseinandersetzen möchte, findet mit QualityLand hoffentlich unterhaltsame Lektüre.