Rezension

Ich bin immer noch verwirrt - und zwiegespalten!

Fremder Himmel - Dennis Frey

Fremder Himmel
von Dennis Frey

Bewertet mit 4 Sternen

Mit Dennis Frey haben wir uns auf der diesjährigen Drachennacht lange und ausgiebig unterhalten dürfen und genau deshalb, weil Dennis ein unheimlich lieber Mensch ist und mit so viel Begeisterung von seinen Geschichten spricht, musste ich seinen Roman Fremder Himmel jetzt endlich lesen. Ich war einfach so neugierig auf diese außergewöhnliche Geschichte und auf Dennis' Konzept, das mich vom ersten Moment an begeistert hat. Denn mal ehrlich - für uns Buchmenschen sind Bücher über Bücher irgendwie der heilige Gral. Es fühlt sich einfach immer vertraut an, wenn man eine Geschichte liest, in der ein bestimmtes Buch (oder auch mehrere Bücher) eine essentielle Rolle spielen - so wie in unserem Leben eben. Dennis geht in Fremder Himmel sogar noch einen Schritt weiter und erfindet mit Mona als fiktive Autorfigur den Prototypen einer jungen, unerfahrenen und anfangs recht von sich überzeugten Schriftstellerin. Dieses Konzept hat mich vor Jahren schon in Scott Westerfelds Afterworlds begeistert und auch in Dennis' Roman ist es der Kern der Handlung - es ist das, was diese Geschichte von vornherein so wahnsinnig faszinierend und besonders macht.

Mona nämlich ist als angehende Autorin gerade zu Beginn der Geschichte fast schon auf nervtötende Weise von sich selbst und ihrem vollendeten Manuskript überzeugt. Nervtötend, aber durchaus vorstellbar, denn wir alle glaube natürlich an die Dinge, die wir selbst geschaffen haben - Kritik zuzulassen, fällt da äußerst schwer. Mona muss sich zunächst überwinden, sich fest vornehmen, an ihrem Manuskript zu arbeiten, Fehler zu erkennen und Verbesserungsvorschläge umzusetzen. Das ist ein Prozess, den Dennis sehr schön und authentisch nachbildet - womit er vielen angehenden Autoren vermutlich aus der Seele spricht und wobei er vielleicht sogar seine eigenen Erfahrungen einfließen lässt.

Nun passiert etwas Unglaubliches: Mona taucht nicht nur im übertragenen Sinne in ihre eigene Geschichte ein, so wie das vermutlich alle Autoren tun, sondern im wahrsten Sinne des Wortes. Der geheimnisvolle Lektor Bragi nämlich schickt sie in ihre erdachte Fantasy-Welt, nach Kaemnor - wo sie am eigenen Leib spüren wird, welche Fehler sie beim Schreiben und vor allem beim World-Building gemacht hat und wie sich das auf die Handlung ihres Buches auswirkt. Eine faszinierende Vorstellung, denn vermutlich würde es vielen Autoren helfen, ihre eigene Geschichte nicht nur aus Sicht des Lesers, sondern auch aus Sicht ihrer Figuren, quasi von innen heraus, zu betrachten. Mona jedenfalls stellt ziemlich bald fest, dass sie noch sehr viel lernen muss und dass ihre Geschichte noch weit entfernt ist von einem in sich schlüssigen, logischen und packenden Fantasy-Epos mit vielschichtigen Figuren.

Es hat mir anfangs großen Spaß gemacht, Mona beim Lernen zuzuschauen.Dennis treibt es mit den Fehlern, die Mona beim Schreiben macht, auf die Spitze und zeigt beispielsweise, wie es sich auswirken kann, wenn man sich um die Figuren, die verschiedenen Orte und komplexe Handlungsstränge wenig Gedanken macht. Besonders interessant war für mich das Eigenleben, das Monas Charaktere und auch ihre Welt entwickeln, denn man hört von vielen Autoren ja immer wieder, dass ihre Figuren sich verselbständigt haben und quasi eigene Pläne für die Geschichte hatten. Dennis stellt das auf ziemlich anschauliche und eindeutige Weise dar und das hat mir wirklich gut gefallen.

Ich muss allerdings sagen - der Plot der Geschichte in der Geschichte (also der Plot von Monas Roman) hat mich insgesamt nicht wirklich überzeugen können. Einerseits ist das eine spannende Erfahrung und kann vom eigentlichen Autoren ja tatsächlich so geplant gewesen sein - Mona steht vermutlich noch ein langer Prozess bevor und ihr erstes Buch ist kein Meisterwerk. Absolut logisch und wie gesagt - ein faszinierender Punkt und eine interessante Idee, das so darzustellen. Da aber ein Großteil von Fremder Himmel in Monas Fantasywelt Kaemnor und in ihrer Geschichte spielt, hat sich bei mir leider bald Resignation eingestellt. Und ich habe mir die Frage gestellt: Will ich eine halbfertige Fantasy-Geschichte eigentlich lesen, auch wenn das Drumherum noch so originell und faszinierend ist? Ich habe keine wirkliche Antwort darauf gefunden. "Monas" Plot zieht sich einfach über weite Strecken, es fehlen die Höhepunkte und die Figuren bleiben auch nach ihren Korrekturen weitestgehend flach und oberflächlich. Das Spannende dabei ist natürlich, dass man als Leser nicht einschätzen kann, ob Dennis das seiner Protagonistin tatsächlich gänzlich so angedichtet hat - ob es vielleicht nicht genauso gewollt war. Und ich komme zu dem Schluss, dass ich von Mona lieber nichts mehr lesen möchte - von Dennis aber umso mehr. Ein ziemlich spannendes Fazit, über das ich vermutlich noch eine Weile nachdenken werde.

Mein Fazit:
Dennis Frey beherrscht sein Handwerk ohne Frage - so gut, dass ich am Ende nicht weiß, wie viel der Geschichte aus seiner Feder stammt und wie viel aus Monas. Klingt konfus und irgendwie ist es das auch. Fremder Himmel ist auf jeden Fall ein einzigartiges und auf gewisse Weise spannendes Leseerlebnis, hat aber auch seine Längen - besonders, was die Geschichte in der Geschichte betrifft. Monas Fantasy-Roman um das Land Kaemnor haben mich einfach nicht wirklich mitreißen und am Ende überzeugen können. Aber vielleicht sollte es genauso sein - außergewöhnlich ist dieses Buch ohne Zweifel und ich freue mich auf das nächste Werk von Dennis Frey, was ja auch irgendwie schräg und besonders werden soll ;)