Rezension

ich bin nicht #beGEISTERt

Geister
von Nathan Hill

Auf diesen Roman, „Geister“ von Nathan Hill, war ich sehr gespannt. Schossen doch die Lobeshymnen aus dem Boden. Freundlicherweise hat mit der herausgebende Verlag Piper ein Rezensionsexemplar zukommen lassen.

Darum geht es in dem Debütroman:

Ein Anruf der Anwaltskanzlei Rogers & Rogers verändert schlagartig das Leben des Literaturprofessors Samuel Anderson. Er, der als kleines Kind von seiner Mutter verlassen wurde, soll nun für sie bürgen: Nach ihrem tätlichen Angriff auf einen republikanischen Präsidentschaftskandidaten verlangt man von ihm, die Integrität einer Frau zu bezeugen, die er seit mehr als zwanzig Jahren nicht gesehen hat. Ein Gedanke, der ihm zunächst völlig abwegig erscheint. Doch Samuel will auch endlich begreifen, was damals wirklich geschehen ist.*

Nathan Hill, der mit „Geister“ seinen ersten Roman veröffentlichte, ist ein Meister der Erzählungen. In diesem Roman erzählt er die Geschichte des Literaturprofessors Samuel Anderson. Aber nicht  nur dessen, sondern auch die der anderen vermeintlichen Nebenfiguren, die  in ihren persönlichen Geschichten zu Protagonisten werden. So erzählt Hill die Geschichte der Beziehung zwischen Samuel und seinem Freund Bishop, die der Liebe zu dessen Zwillingsschwester Bethany. Die Lebensgeschichte der Mutter Faye, die wiederum einen Raum für die Geschichte der Studentenbewegungen im Chicago der 1968er Jahre schafft. Die Herkunftsgeschichte des Vaters, der in jungen Jahren aus Norwegen immigrierte, die Geschichte der Studentin Laura, die den Professor Samuel Anderson den Lehrstuhl an der Universität kostet, die des Lebens des Chicagoer Polizisten und späteren Richters Charlie Brown, der ebenso eine Rolle spielte und spielt, wie Sebastian, der Sams Leben maßgeblich und unwissentlich mit prägt, wie auch Alice, und viele andere.

Gekonnt verwebt Nathan Hill die verschiedenen Lebensgeschichten, die in verschiedenen Jahrzehnten spielen, in 864 Seiten zu einem Ganzen und lässt den Leser an diesem Punkt den Sinn, die „Geister“, erkennen.

Der Autor nimmt den Leser mit in einen Roman über eine große und (fast) lebenslange Liebe, die dennoch nur einen Nebenschauplatz einnimmt, kritisiert gleichzeitig das gesellschaftliche System der USA, von den 68ern bis heute, von der Mittelklasse bis in die Upperclass, mahnt  das politische System an und spiegelt deren Käuflichkeit wieder und ist gleichzeitig ein Roman über die Psychologie des Menschen, die sich wiederholenden Verhaltensmuster und die Wichtigkeit der Herkunftsgeschichte jedes einzelnen.

Ich persönlich habe mich durch das Buch gequält. 
Die Sprache Hills ist grandios und gut verständlich, doch kommt der Autor nur sehr langsam und langweilig und langatmig auf den Punkt . 
So ist es für Nathan Hill überhaupt kein Problem, einen Satz zu schreiben, dann alles, was in irgendeiner Weise mit dem Inhalt zu tun hat über 2-6 Seiten zu be- und umschreiben, um dann wieder auf diesen Satz zurückzukommen. 
Sicherlich hätte das Lektorat das Buch gut auf die Hälfte kürzen und dennoch den Sinn erhalten können. 

Ich finde es schade, dass mir dieser Roman, der gebunden, sehr dick und ziemlich schwer ist, nur mittelmäßig gefallen hat. Während meiner 6(!)wöchigen Lesezeit kam ich immer wieder an die Grenzen meines Durchhaltevermögens. Dennoch habe ich mich aufgerafft und neu motiviert, in der Hoffnung, dass das Ganze auf ein fulminantes Ende mit einem obligatorischen „AHAAAAA!“ hinausläuft. 
So war es aber nicht. 
Es war eher ein leises, fast verschwindendes Ausklingen des Romans. Ebenso, als würde er den Leser, ebenfalls wie Faye, die Mutter, heimlich und leise  verlassen.
 

Der Autor Nathan Hill ist 38 und lebt in Chicago und St. Paul, Minnesota, wo er an der University of St Thomas Englische Literatur unterrichtet. Seine Erzählungen erschienen in zahlreichen Magazinen und Zeitungen, sie waren nominiert für den Pushcart und den Barthelme Preis. »Geister« ist sein erster Roman und wird derzeit in über zwanzig Sprachen übersetzt.

€ 25,00 
864 Seiten, Hardcover mit Schutzumschlag
Übersetzt von: Katrin Behringer, Werner Löcher-Lawrence
ISBN: 978-3-492-05737-0
Herausgebender Verlag: Piper

*Quelle: Piper

Kommentare

Manda kommentierte am 12. Februar 2017 um 09:42

Ich kann mich dieser Rezi nur anschließen! Ich quäle mich grad mit den letzten 130 Seiten. Der eine Satz ging sogar über 12 Seiten, das fand ich sehr ermüdend! Ich lege nur ungern Bücher weg, ohne sie fertig gelesen zu haben, aber dieses Mal fällt es mir echt schwer, dran zu bleiben!