Rezension

Ich habe mehr als einmal fast geweint

Es wird keine Helden geben - Anna Seidl

Es wird keine Helden geben
von Anna Seidl

Inhalt: 

Wer fragt sich eigentlich was nach einem Amoklauf geschieht? Wie geht man damit um wenn sich an einem Tag das ganze Leben komplett ändert weil man den Tod eines oder mehrer Klassenkameraden erleben musste? ...

Miriam ist eigentlich ein ganz normaler Teenager, beliebt an der Schule, in einer  Clique mit besten Freundinnen und hat gerade ihren ersten festen Freund. Alles scheint wie immer, sie kommt an einem typischen Montagmorgen gerade noch pünktlich in die Schule, ärgert sich über Latein. Dann ein Knall... Panik bricht aus und sie und ihre beste Freundin können sich letztendlich gerade noch auf die Jungentoilette retten. Dann geschieht alles sehr schnell, ein Mitschüler wird getötet und dann noch einer... Peng und Miriam muss mit ansehen wie ihr fester Freund Tobi stirbt. Auch der Schütze überlebt nicht. Miriam erlebt die folgenden Wochen wie in einem Alptraum, scheinbar nichts hat mehr Sinn. Sie zieht sich aus dem Leben zurück und muss sich auch der Frage stellen ob sie selbst in irgendeinerweise durch ihr Verhalten zu den Ereignissen beigetragen hat. Kann es überhaupt je wieder etwas Positives in ihrem Leben geben? 

Meine Meinung:

Ein Amoklauf in der eigenen Schule. Als in Deutschland die Amokläufe von Erfurt und dann einige Jahre später in Winnenden (ganz nahe meiner Heimatstadt) geschahen, hatte ich zwar einerseits das Gefühl das es schlimm und traurig war, aber andererseits hatte ich dann trotzdem auch das Gefühl, das es sehr weit weg ist. Gar nicht richtig real. Sich das auch nur vorzustellen, das fällt schwer. Zum Glück einerseits, weil man das denke ich mal nur wirklich kann, wenn man es selbst miterleben musste - aber auch trauriger weise andererseits, weil man so doch schnell wieder so tut, als ob es nicht passieren würde und schon gar nicht einem selbst. 

Dieser Roman hat mir eine Ahnung geben können wie es sein kann, mitten im Leben aus dieser Realität herausgerissen zu werden, aus dem Tritt zu kommen und dabei geliebte Menschen nicht mitnehmen zu können - und zwar deshalb, weil ein anderer sie erschossen hat. Dieser Roman ist aber noch viel mehr. Denn Miriam ist keine Hollywood-Heldin, sondern ein Mädchen das es wirklich geben könnte. Sie hat ihre guten und weniger guten Seiten. Ihr Verhalten, auch gegenüber ihren Eltern, den Freunden, Klassenkameraden nach dem Amoklauf - aber auch in Rückblenden davor - das ist realistisch und ich hatte mehr als ein mal das unheimliche Gefühl eine echtes Tagebuch zu lesen. Fast kam ich mir voyeuristisch vor. Es wird aber auch gefragt wie es überhaupt zu so einer schrecklichen Tat kommen konnte, und auch hier beschönigt die Autorin dankenswerter weise nichts. Man merkt das sie sich viele Gedanken über das Thema gemacht hat. Sie greift auch viel Kritik z.B an den Medien auf, die ich mir damals bei Erfurt auch schon überlegt hatte. 
Es gibt einige Punkte die wirklich knallhart sind. Ein Roman den man vielleicht hi und da nicht immer leicht ertragen kann. Aber gerade das macht ihn für mich umso eindringlicher. Für mich muss ein Roman auch mal wehtun können wenn es das Thema mit sich bringt. 

Einzig das Thema mit Mirjams Mutter hätte ich persönlich nicht so dringend gebraucht, ich finde "Es wird keine Helden geben", hätte auch ohne sie funktioniert. Und das letzte Kapitel fand ich auch ein klein wenig zu früh für die Entwicklungen die darin beschrieben werden. Aber ich denke ein positiver Ausblick... den braucht man vielleicht am Ende dann doch...