Rezension

Ich habe nicht erwartet, dass das Buch so ernst - so gut werden würde!

#rausmitderdicken - Sophia Bennett

#rausmitderdicken
von Sophia Bennett

Bewertet mit 4.5 Sternen

Am Anfang dachte ich noch so: “Ja, klar. Natürlich musste das so kommen.” Aber die Entwicklung ist bewegend, ja fast schon dramatisch. Bis zum Ende hat für mich das überraschende Niveau angehalten. Das Buch ist optimal an die Zielgruppe ausgerichtet und kann auch junge Erwachsene, wie mich, überzeugen. Eine Geschichte zwischen Loyalität, Freundschaft unter Mädels, Liebe und der Hässlichkeit des Internets. Herausragend und absolut lesenswert!

LESEEINDRUCK / ZUR GESCHICHTE

Vier Teenager-Mädchen, die gemeinsam davon träumen eines Tages eine Girlband, Popstars, zu sein. Sie filmen sich mit Sashas neuem iPhone, wie sie ausgelassen und voller Spaß einen selbst getexteten Song singen. Das Lied “Sonnenbrille” entsteht spontan, während die Mädchen herumalbern und so tun, als wären sie Popstars, so wie Britney Spears oder Kylie Minogue.

Die Melodie entsteht durch Rose, die ausordentlich musikalisch talentiert ist und von allen vier die beste Stimme hat. Doch hier geht es nicht um die beste Sängerin, sondern darum, dass die Mädchen gemeinsam Spaß haben. Typisches Verhalten von Jugendlichen in diesem Alter. Außer Rose und Sasha besteht die “Band” noch aus Nell und Jodie.

Es kommt, wie es kommen muss: Sashas kostbares iPhone mit all den Aufnahmen und Daten wird gestohlen. Schreck! Doch es kommt noch schlimmer, auf der Social Network Plattform “Interface” (die nebenbei viel erfolgreicher als Facebook ist), läuft ein Musik-Talentwettbewerb: “Killer Acts”. Und ausgerechnet dort hat der unbekannte Dieb die Video-Aufnahmen von “Sonnenbrille” hochgeladen. Unter dem Namen “Manic Pixie Dream Girls” (eine Mischung aus vier Bandnamen, die die Mädels hatten) wurden die vier Mädchen angemeldet.

Als sie diese Aufnahme dort entdecken sterben sie fast vor Scham und sind gleichzeitig begeistert, dass sie dort angemeldet wurden. Sie werden über Nacht zu Internet-Stars, alle auf der Schule singen ihren Song. Ja, sogar ihre Direktorin hat ihn als Klingelton! Abgefahren!

Der schlagartige Erfolg und die vielen “Likes” katapultieren die vier Jugendlichen zu “Killer Acts” in die Casting-Show, wo die 100 besten Beiträge vor einer prominenten und professionellen Jury auftreten dürfen. Nur eine handvoll schafft es in die Live-Shows, in der die Zuschauer ihren “Killer Act” wählen, der daraufhin einen hoch dotierten Werbevertrag mit Interface bekommt und ein echter Popstar wird!

Als sie total nervös vor der Jury stehen, ihre Performance wie im Video durchziehen, werden sie gestoppt. Der Jury passt etwas an der Band nicht. Sie müssen sich nun entscheiden: Entweder sie machen als Quartett weiter, kommen aber nicht in die Live-Shows oder sie trennen sich von Rose, die angeblich nicht “dazu passt”, machen als Trio weiter und haben die Chance auf den großen Werbe-Deal. Die Freundinnen nehmen sich die Zeit, um darüber zu diskutieren, in aller Einverständnis geht Rose – doch das hat Folgen.

Denn wie es zu dieser Entscheidung kam, wird von den Kameras natürlich nicht aufgezeichnet. Das hat zur Folge, dass die Außenwelt glaubt, dass die “drei dürren Mädchen” die “Dicke” aus der Band gekickt hätten, aufgrund ihres Aussehens. Das löst einen Shitstorm aus, den sich die Jugendlichen stellen müssen. #rausmitderdicken wird zum Hashtag und Shitstorm Aufhänger und Trend. Doch das fiese Gesicht des Shitstorms kommt erst noch …

Die Geschichte ist authentisch und glaubwürdig, anders als ich das erwartet habe. Die Mädchen sind mit ihren 16 bzw. 17 Jahren reif und verspielt/naiv. Passend dazu das Buchcover, dass die vier Freundinnen zeigt: bunt, schrill mit Sonnenbrille und voller Freude. Es trifft die Stimmung des Buches ideal, reflektiert den Inhalt wunderbar und spricht auch direkt an. Auch das Seitenlayout bzw. die Kapitelgestaltung ist passend gewählt. Man sieht einen langsam ansteigenden Empfangsbalken und einen sinkenden Akku. Es ist aufgebaut wie ein Handy. Bis zum Ende fragt man sich: wird der Akku halten?

Dazu analog die Messenger-Blasen, die den Kapiteltitel zeigen und einen Emoticon-Smiley, der zusammenfasst, in welche Richtung die Geschichte emotional verläuft. Das ist nicht nur ein Eye-Catcher, sondern auch originell und total süß.

Man erlebt die Geschichte aus Sicht von Sasha, die sich oft nicht bewusst ist, was wirklich gerade geschieht. Ich weiß, dass es teilweise naiv wirkt, aber in diesen Situationen habe ich mich seltsamerweise selbst wieder erkannt.

Die Gefühle von Sasha sind echt und loyal. Sie ist bodenständig und weit entfernt von einer Zicke. Irgendwie muss man sie einfach gern haben. Als Ausgleich dazu hat sie drei Freundinnen, die alle unterschiedlicher nicht sein könnten.

Nell, etwas zurückhaltend und intelligent. Sie fühlt sich oft zwischen den Stühlen und deplatziert. Jodie, ist immer ehrlich und unverblühmt. Sie spricht gerade raus, was sie denkt, auch, wenn es in manchen Situationen echt unangebracht ist – wenn man so will, die kleine Zicke in der Gruppe. Und dann ist da noch Rose, die “Dicke”, Sashas beste Freundin. Rose, die Sasha bis zum Casting (und auch danach) nie als “dick” gesehen hat. Sie sah in ihr immer eine selbstbewusste und starke junge Frau, die mit ihrem uniquen Styling auffiel. Einem Mädchen, dass so talentiert an der Gitarre ist, eigene Songs schreibt und eine unglaublich tolle Stimme hat.

Doch ausgrechnet Rose soll nun die Band verlassen, wenn es nach der prominenten Jury gehen soll. Mehr Popo-Wackeln und das ist für Rose nicht nur unangenehm, sondern auch total un-authentisch.

Besonders hervorzuheben ist die Freundschaft zwischen Sasha und Rose. Vor allem aus Sicht von Sasha ist es schön zu lesen, wie loyal sie ihrer besten Freundin gegenüber ist, obwohl sich beide seit dem Casting immer mehr entfernen. Neben der Freundschaft spielt auch das Internet bzw. Social Media und Social Networking eine zentrale Rolle.

 

MEIN FAZIT

Die Geschichte hat medienpädagogische Züge. So belehrt uns die Geschichte, das man nicht alles in den Medien glauben sollte. Außerdem zeigt uns das Erlebte von Sasha und ihren Freundinnen auch, dass man einmal mehr nachschauen sollte, wer was lesen darf, auf den Social Network Plattformen. Man sollte seine Privatsphäre wichtiger nehmen.

Vor allem, da es aus Sicht eines Teenagers geschrieben ist, kann sich die Zielgruppe genau heinein versetzen, wie es Sasha und Co. ergeht. Man leidet mit den Mädchen während des Shitstorms mit und möchte sie am liebsten in die Arme schließen und trösten. Hier hat mir vor allem auch das Verhalten der Mutter von Sasha gefallen.

Am meisten hat mich fasziniert, dass ich nicht erwartet habe, wie ernst das Buch wirklich werden würde und damit auch, wie gut. Ich habe eine lustige und typische Teenie-Geschichte erwartet: naiv und verträumt mit dem Hang zum Unrealistischen. Stückweise hat das auch gestimmt. Dennoch war sie ebenso belehrend. Am Anfang dachte ich noch so: “Ja, klar. Natürlich musste das so kommen”. Aber die Entwicklung ist bewegend, ja fast schon dramatisch. Bis zum Ende hat für mich das überraschende Niveau angehalten.

Das Buch richtet sich klar an Teenager ab 12/13 Jahren, doch auch ich, mit meinen “alten” 25 Jahren, habe das Buch mit jeder Seite genossen. Die Thematik und vor allem auch die Herangehensweise sind sehr beeindruckend. Zudem waren mir die vier Teenager unglaublich sympathisc. Sie haben einen hohen Wiedererkennungswert, denn auf nahezu jedem Schulhof findet man solche Mädchen wie sie.

Minimale Abstriche gab es, weil es mich etwas gestört hat, dass die Autorin ständig “das supertolle iPhone” erwähnte. Da hätte nur noch der große Werbebanner gefehlt. Im Kontrast dazu wurde ein neues Social Network aus dem Boden gestampft: Interface, dass so viel erfolgreicher als Facebook und Twitter sein soll. Hier stellte sich mir die Frage: Wenn sie sich so etwas ausdenken kann, hätte man da nicht auch eine “supertolle” Alternative zu dem Markenamen “iPhone” finden können?

Aber gut, das ist mir nur am Anfang extrem aufgefallen. Die Sache mit dem iPhone … daran muss man sich allerdings gewöhnen. Es fällt auch nicht stark ins Gewicht der Bewertung, weil das Buch so viel mehr zu bieten hat, als dieses “kleine” Ärgernis, daher hier nur einen halben Stern Abzug.

Das Buch ist optimal an die Zielgruppe ausgerichtet und kann auch junge Erwachsene, wie mich, überzeugen. Eine Geschichte zwischen Loyalität, Freundschaft unter Mädels, Liebe und der Hässlichkeit des Internets. Herausragend und absolut lesenswert!

Eine kleine Anmerkung am Rande:
Einige werden beim Lesen sicherlich stutzig werden, was die Hacking-Tricks im Buch betrifft. Aber aus eigener Erfahrung kann ich sagen, dass es gar nicht so untypisch ist, dass Jugendliche in dem Alter diese Fähigkeiten haben. Auch die Sache mit dem Hotel, etwas weiter hinten in der Story, klingt zwar absurd und weit hergeholt, aber selbst ich habe so etwas als Teenager in meiner “Fanphase” hinbekommen. Wenn man will, ist es wirklich “so einfach” an einen Star zu kommen.

Die Rezension hat dir gefallen? Besuch doch auch meinen Buchblog: www.secretsofrock.net