Rezension

Ich hoffe ihr versteht eines Tages, dass alles Eins ist.

Das Perchtenerbe -

Das Perchtenerbe
von Birgit Arnold

Bewertet mit 5 Sternen

Spannend, einfallsreich und super angenehm zu lesen. Grausamkeit und Unterdrückung haben hier System - hervorragende Idee und Umsetzung. Die schaurige Welt des Alpenlandes. Im Haus ihrer Großeltern betritt Marie ein bis dahin verschlossen gebliebenes Zimmer ihres verstorbenen Großvaters. Sie entdeckt zahlreiche geschnitzte Holzmasken, die dieser Zeit seines Lebens angefertigt hatte. Darunter eine, deren Ausstrahlung sie besonders in ihren Bann zieht: die Maske der Frau Percht. Das Perchtenerbe erzählt die Sage um eben diese Frau Percht. Und schon bald taucht Marie in die Erzählungen ihrer Großmutter über diese längst vergessene Sagengestalt und die düstere Welt des Brauchtums ein. Die Perchtenläufer kommen während der dunkelsten Jahreszeit, um über die Menschen zu richten. Mit Trommelschlägen, Schreie, Glockengeläut laut und angsteinflößend ziehen wilde Gestalten in den Rauhnächten, durch die Straßen der Alpenländer.
Eine Geschichte über Enttäuschungen, Verzweiflung und Hoffnung über den alten Naturglauben, der von der christlichen Kirche immer weiter verdrängt wurde.
Eine Geschichte über Licht und Finsternis, hin- und hergerissen zwischen dem Reich der Lebenden und der Unterwelt. Und eine Geschichte, die in Marie fortleben wird. Für all diejenigen Fantasyfreunde, denen es Vergnügen bereitet, eine spannungsgeladene Geschichte hautnah an den Figuren mitzuerleben, ist das Werk eine handfeste Empfehlung. Besonders das Personengefüge im Roman, ist gelungen: kauzig, stimmig und äußerst unterhaltsam. Sie machen es dem Leser zwar nicht immer leicht sie zu mögen, zeigt dafür aber umso besser, wie tief das System einen Menschen beeinflussen kann. Hervorragende Idee und Umsetzung! Sprachlich ist das alles durchaus ambitioniert. Der Schreibstil der Autorin ist super angenehm, sodass man schon nach wenigen Zeilen in einen Lesefluss gerät. Die Geschichte ist absolut spannend und überraschend. Aber besonders hat es mich fasziniert, wie es Birgit Arnold gelingt, unsere Geschichte umzuschreiben. Der Roman kommt auf den ersten Blick wie ein Fantasy-Roman daher, auf den zweiten Blick erkennt der Leser jedoch, dass viele phantastische Bezüge einem historischen Roman entnommen worden sind. Ich würde mir einen zweiten Teil wünschen, die geschaffene Welt ist so komplex, dass einfach nicht alles erklärt werden konnte, ohne dass das Buch zu einem 1000-seitigen Schinken mutiert wäre. Ein interessantes Buch, das bei mir einen zwiespältigen Eindruck hinterlassen hat.