Rezension

Ich liebe dieses Buch

Der Sommer, in dem es zu schneien begann
von Lucy Clarke

Bewertet mit 5 Sternen

Meine Meinung:
Inhalt
Eva und Jackson sind ein Herz und eine Seele. Sie lieben sich so sehr, dass sie sich schon nach sehr kurzer Zeit das Ja-Wort gegeben haben. Eines morgens macht sich der liebende Ehemann auf den Weg zum Angeln. Da Eva noch zu schlafen scheint, er aber nicht mehr zur Ruhe findet, geht er kurzerhand ohne sie los. Und da nimmt das Schicksal seinen Lauf, denn das Wetter ist eindeutig nicht zum Angeln gemacht. Es ist so stürmisch, dass Jackson ins Wasser gerissen wird und seine Frau alleine zurück lässt. Als wäre dieser Schicksalsschlag nicht schon genug, erfährt Eva von Jacksons Familie in Tasmanien Dinge, die sie sich niemals hätte vorstellen können...

Trauer ist etwas Physisches, denkt sie. Es ist, als würde ihr Körper von innen her aufgefressen, Schicht um Schicht, bis sie vollständig ausgehöhlt sein wird. Sie legt den Kopf auf Jacksons Kissen und atmet mit ihrem Schluchzen den fernen Duft seiner Haut ein.
Zitat aus: "Der Sommer, in dem es zu schneien begann"

Charaktere
Eva ist eine emotionale Frau. Sie ist natürlich am Boden zerstört, als Jackson sie alleine zurück lässt. Doch selbst in ihrer Trauer besitzt sie eine unfassbar starke Persönlichkeit. Wenn ich zurück blicke und darüber nachdenke, was sie alles erlebt und erleiden muss, ziehe ich meinen Hut vor ihr. Alle anderen wären an all dem sicherlich zerbrochen.
Jackson wirkte auf mich ein bisschen undurchschaubar. Auf der einen Seite merkt man, wie sehr er Eva geliebt hat, aber auf der anderen Seite wollte und konnte ich ihm das auch nicht glauben. Je mehr aus seiner Vergangenheit ans Licht kommt, umso erschütteter war ich...
Saul ist Jacksons Bruder, zu dem er zu Lebzeiten kein gutes Verhältnis mehr hatte. Die Hintergründe werden im Laufe der Geschichte geklärt.

In den vergangenen Wochen hat sie viel über Einsamkeit gelernt. Einsamkeit hat nicht in erster Linie mit abgelegten Orten oder Mangel an Kontakten zu tun - es ist eher das Gefühl, dass etwas aus dir herausgeschnitten wird.
Zitat aus: "Der Sommer, in dem es zu schneien begann"

Gesamt
Emotionen werden in diesem Roman sehr, sehr groß geschrieben. Schon am Anfang sind sie so präsent, dass ich erst einmal kurz durchatmen musste. Gleich zu Beginn erleben wir, wie glücklich Eva und Jackson miteinander sind. Lucy Clark hat ihren Roman für mich so bildlich geschrieben, dass ich das Gefühl hatte, mich ständig in Evas Nähe zu befinden. Zudem identifizierte ich mich sogleich mit der Protagonistin, was ihr Gefühlschaos stets auf mich übertrug. Ich habe mit ihr geweint, als klar war, dass Jackson in den Fluten sein Leben gelassen hat und habe mit ihr gelacht, wenn sie zusammen mit ihrer besten Freundin einen über den Durst getrunken hat. Kurz gesagt: Eva und ich waren Eins.
Die Autorin versteht es, mit den Emotionen zu spielen. Ist man im ersten Moment noch himmelhochjauchzend, schwebt man im Nächsten über den Abgrund und hat Angst abzustürzen. Jegliches Gefühl kam mit voller Wucht bei mir an und hat mich in den Magen geboxt. Dadurch, dass dieser Roman schon ein ziemlich ernstes Thema behandelt, wurde an diesen tiefen Gefühlen natürlich nicht gespart. Ich habe Eva einfach alles abgenommen. Was sie getan hat, was sie sagte, einfach alles. Wenn sie weinte, wusste und verstand ich warum. War sie wütend, war ich mit ihr zusammen wütend. Sie besitzt eine sehr starke Persönlichkeit und ist sogleich doch so verletzlich und innerlich zerrissen. Ich mag es total, wie sie von der Autorin gezeichnet wurde: Nicht zu grell, sondern mit dem richtigen Maß an Farbe und nicht zu glatt, sondern mit Ecken und Kanten. Eva ist für mich die liebe Person von Nebenan, mit der ich gerne befreundet wäre.
Auch die restlichen Charaktere neben der Protagonistin haben genug Farbe abbekommen. Um nur einen zu nennen, möchte ich da Saul, Jacksons Bruder, besonders hervorheben, denn er ist es, der sich in Tasmanien um Eva kümmert. Zwar sperrt er sich am Anfang noch dagegen sie zu akzeptieren, oder sie gar zu mögen, doch irgendwann sieht er alles mit anderen Augen.
Der Aufbau des Buches hat mir ebenso gut gefallen: Die gesamte Geschichte wird von Eva erzählt. Dabei bedient sich Lucy Clark an der auktorialen Erzählweise. Außerdem werden ab und zu zwischen den Kapiteln noch Absätze von Jackson eingebettet, die ein bisschen mehr von ihm preisgeben. Zu einem besseren Verständnis, wer gerade der Erzähler ist, sind Jacksons Absätze kursiv geschrieben worden.
Am Anfang hatte ich ehrlich gesagt noch Bedenken, ob es so gut ist, wenn man bei einer solchen Geschichte den auktorialen Erzähler wählt, denn ich habe die Erfahrung gemacht, dass so die Emotionen bei mir nicht so ankommen, als wenn alles auch der Ich-Perspektive erzählt wird. Doch wie man weiter oben in dieser Rezension schon lesen konnte, wurde ich positiv überrascht.

Lucy Clarks Recherche wirkt sich positiv auf das Buch aus, denn das Setting ist einfach traumhaft beschrieben. Sehr oft habe ich auf dem Sofa gelegen und mich an den tasmanischen Strand geträumt, der einfach wunderschön sein muss. Dass die Autorin eigens für das Setting höchstpersönlich nach Australien gereist ist, merkt man an ihrer Beschreibung der Umgebungen total. Ich hatte ständig einen Film vor Augen mit den Szenen, die ich gerade in ihrem Roman gelesen hatte.
Erwähnenswert ist auch unbedingt die Tatsache, dass ich "Der Sommer, in dem es zu schneien begann" niemals an den Haaren herbei gezogen, oder gar kitschig fand. Die Autorin hat wirklich einen sehr guten Mittelweg gefunden, um alles realistisch und keinesfalls zu sehr überspitzt darzustellen.
Zu dieser ganzen Lobhudelei meinerseits ist auch noch eine gewisse Spannung vorhanden, die sich gleichmäßig durch das gesamte Buch zieht. Am Anfang möchte man unbedingt wissen, was Jacksons Geheimnis gewesen ist. Hat man dieses erfahren, spitzen sich die Ereignisse sogar noch zu und man klebt wie ein Magnet an der Geschichte fest, weil man es nicht glauben kann, was sich zuträgt und unbedingt erfahren möchte, wie das alles ausgehen wird.
Das Ende fand ich rundum gelungen. Es ist nicht zu plötzlich, nicht vorhersehbar und beinhaltet noch Platz für Spekulationen.
Für mich ist "Der Sommer, in dem es zu schneien begann" ein absolut empfehlenswertes Buch.

In Kürze:
Positiv
Eva ist fantastisch gezeichnet. Sie hat Ecken und Kanten, ist emotional und doch so stark.
Die Schreibweise gefällt mir total gut. Jegliche Emotion konnte Lucy Clark zu meiner eigenen machen.
Spannung ist von der ersten bis zur letzten Seite vorhanden.
Das Setting ist so traumhaft, dass ich das Gefühl hatte, selbst in Tasmanien zu sein.
Es wirkt nichts überspitzt oder gar kitschig.
Auch die Nebencharaktere sind sehr lebendig dargestellt worden. Man schließt alle sofort in sein Herz.
Überraschende Wendungen sind ebenso vorhanden, wie Momente, in denen man selbst in Tränen aufgelöst ist.
Das Ende ist absolut gelungen, da es nicht an den Haaren herbei gezogen ist und auch nicht zu abrupt kam. Außerdem lässt es noch Raum für Spekulationen zu und tut somit sein Übriges, dass einem die Geschichte noch sehr lange im Kopf umherspukt.

Negativ 
Absolut nichts.

Fazit:
Mit "Der Sommer, in dem es zu schneien begann" hat Lucy Clark einmal mehr bewiesen, was für eine großartige Autorin sie ist. Sie schreibt mit viel Herz und überträgt die Emotionen der Protagonisten auf den Leser. Für mich ist dieses neues Werk von ihr ein Highlight!

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