Rezension

Ich möchte keinen Tag dieses Sommers missen!

Sommer bei Gesomina - Florian Beckerhoff

Sommer bei Gesomina
von Florian Beckerhoff

„Jona, das Leben geht weiter“, sagte sie leise. „Man muss da einmal durch, aber nicht immer wieder, verstehst du?“
„Aber wie geht die Geschichte weiter? Was ist dann passiert?"
„Das ist keine Geschichte“, sagte sie. „Das war mein Leben.“
Seite 143

Weil seine Mutter verreist, muss der 12jährige Jona seine Ferien bei seinem ehemaligen Kindermädchen Gesomina verbringen. 
Wie Jona aus dem Wal wird er aus dem glänzenden Mercedes seiner Mutter in die kleine Straße in Berlin gespuckt, um diese zu verändern. 

Die Straße selbst ist eine skurrile kleine Welt für sich, mit einer Weinhändlerin, die nichts von Wein versteht, einem trübsinnigen Gastwirt, einem tasmanischen Schuhverkäufer und einem türkischen Friseur.
Jona ist ein unglaublicher Junge, trotz seiner unaufmerksamen Eltern ist er umso feinfühliger und achtsam. Er führt die sehr unterschiedlichen Nachbarn zusammen, und als er von Gesominas verlorenem Kind erfährt, will er alles daransetzen, es wiederzufinden. Dafür muss sie sich an ihr altes Leben in Somalia erinnern, an ihren brutalen Ehemann und den schlimmsten Verlust ihres Lebens. Und sie muss auch wieder lernen, jemanden an sich heranzulassen, auch wenn die Gefahr besteht, verletzt zu werden.

„Anders als bei Bäumen legten sich bei Menschen die neuen Jahre um die alten herum. Das Vergangene blieb nur solange unsichtbar, wie der Mensch nicht zusammenbrach.“ Seite 207

Dafür zeigt sie ihm ihre Welt, kocht aus Atrusis Kochbuch Gespenstergnocchi und Quatschlappen, besucht Indianer übersetzende Maler und alte Freunde. Weg von seiner grauen, finanziell gesicherten, langweiligen Welt hinaus in ein buntes Leben.

Es ist ein verregneter, aufregender, manchmal auch trauriger Sommer, den wir gemeinsam mit den beiden verbringen dürfen, und ich möchte keinen Tag davon missen!