Rezension

“Ich sehe dich” von Janet Clark

Ich sehe dich - Janet Clark

Ich sehe dich
von Janet Clark

Bewertet mit 4 Sternen

Grausame Morde erschüttern München. Die Opfer: Männer, die ihre Frauen terrorisiert und gequält haben. Als Saras Schwester unter Mordverdacht gerät, beginnt ein erbarmungsloser Wettlauf mit der Zeit. Kann Sara die Unschuld ihrer Schwester beweisen, bevor der Täter seinen teuflischen Plan vollendet? Und welche Rolle spielt die Selbsthilfegruppe Frauenwehr und deren geheimnisvolle Leiterin Valeska? Zu spät bemerkt Sara, dass auch sie längst ins Visier des Mörders geraten ist …

Was wisst ihr über häusliche Gewalt? Aus eigener Erfahrung hoffentlich nichts. Und wer nicht unmittelbar selbst betroffen ist oder Betroffene in seiner Familie hat, wird sicherlich nicht allzu viel darüber wissen. Das ändert sich jedoch garantiert, wenn ihr „Ich sehe dich“ von Janet Clark gelesen habt, denn dieses Thrillerdebüt vereint Spannung mit Informationsgehalt. (Ich zum Beispiel habe gelernt, dass über 90% der Männer, die ihre Frauen einmal geschlagen haben, wieder zuschlagen werden. Erschreckend, oder?)

Wer jetzt jedoch denkt „Oh Gott, ein Sachbuch!“, dem kann ich gleich widersprechen. Die Informationen über häusliche Gewalt sind gut mit der Romanhandlung verflochten und ergeben ein stimmiges Bild. Selbstverständlich kommt auch die Spannung nicht zu kurz und ein, zwei Szenen waren derart gruselig, dass ich mich unter meiner Bettdecke beim Lesen versteckt habe … Ähem … Ebenfalls positiv ist mir der schnörkellose, angenehm zu lesende Schreibstil der Autorin aufgefallen, der für mich persönlich auch ein Argument dafür ist, weitere Bücher von ihr lesen zu wollen.

Doch leider kann ich nicht nur Lob verteilen. Zum Einen fand ich es etwas schade, dass der Mörder zwar von Anfang an eine Rolle in der Geschichte spielte, seine Identität jedoch erst relativ gegen Ende gelüftet wurde. Also es war NICHT so, dass der Mörder von Anfang an namentlich bekannt war und man am Ende dachte „Was? DER???“. Insofern war die Handlung in gewisser Weise vorhersehbar, zumindest was diesen Teil der Geschichte betrifft.

Außerdem – obwohl ich den Roman durchaus spannend fand und ihn schnell durchgelesen hatte – finde ich, dass er hätte noch spannender sein können. So nach dem Motto „Ich lese die ganze Nacht durch, weil ich wissen möchte, wie es weitergeht.“ Zwar war ich während des Lesens schon neugierig auf das Ende, aber da habe ich schon Bücher erlebt, bei denen ich förmlich an den Seiten geklebt habe.

Hinzu kommt, dass ich gerade zum Ende hin einiges etwas verwirrend fand und mich die ständigen Fragen, die sich die Hauptprotagonistin Sara selbst gestellt hat, ein wenig genervt haben. („Könnte es der und der gewesen sein? Vielleicht. Aber warum hat er dann das und das gemacht?“) Und ein weiterer Punkt, der mich ein wenig gestört hat, war, dass ich zum Ende hin das Gefühl hatte, die Handlung ziehe sich ein wenig in die Länge. Es gab einige Szenen, bei denen ich dann dachte „Mensch, nun schnapp sie dir doch endlich!“, aber das passierte dann doch erst 50 Seiten weiter …

Insgesamt möchte ich „Ich sehe dich“ jedoch empfehlen. Es ist ein spannender Thriller mit Informationsgehalt, der vor allem denjenigen gefallen wird, die – wie ich – keine Tonnen von Blut und Folterszenen brauchen, um einen Thriller zu mögen. Für ein Debüt fand ich dieses Buch beachtlich und ich bin froh, dass es noch Verbesserungspotenzial für Janet Clark gibt. Auch deshalb bin ich gespannt auf ihre weiteren Bücher.

4 von 5 Sternchen