Rezension

Ich war leider ein bisschen enttäuscht

Das geschwärzte Notizbuch - Nicolas Giacobone

Das geschwärzte Notizbuch
von Nicolas Giacobone

Bewertet mit 2.5 Sternen

Pablo wird seit fünf Jahren von Santiago im Keller festgehalten. Santiago ist Regisseur, aber er möchte mehr sein, er möchte die Welt des Filmes verändern und da soll ihm Pablo helfen, denn dieser schreibt Drehbücher. Für Santiago, mit seinen Worten.

Das Cover ist sehr thematisch und passt einfach zur Geschichte, denn genau das macht Pablo. Er schreibt ein Notizbuch, dessen Seiten er dann wieder ausstreicht, damit Santiago sie nicht lesen kann.
Und damit ist auch schon klar, wir haben hier einen Roman aus der Ich-Perspektive von Pablo. Er schreibt darüber, wie es ist in diesem Keller zu leben und zu schreiben für Santiago.
Doch nicht immer ist es einfach ihm zu folgen, denn der Schreibstil ist durchaus gewöhnungsbedürftig. Pablo springt einfach sehr stark in verschiedenen Ebenen und Zeiten herum, nichts ist hier chronologisch aufgebaut, sondern er schreibt einfach seine Geschichte und zwar wie sie ihm gerade in den Sinn kommt. So fiel es mir manchmal sehr schwer seinen Worten zu folgen.
Dazu kommt, dass man das Gefühl hat, dass Pablo in diesem Keller langsam verrückt wird. Er stellt sich selber fragen und führt viele Monologe, in denen er sich selbst belügt. Ist er vielleicht sogar gerne in dem Keller? Er fügt sich in sein Schicksal und macht den Eindruck als würde er eh nichts dagegen tun können. Doch er versucht es auch nicht, ihm scheint nicht klar zu sein, wie viel Macht er doch über Santiago hat, denn ohne Pablo kann dieser keine Worte zu einem Drehbuch formen.
Ist das hier ein Stockholm Syndrom? Ich bin mir nicht sicher, denn nicht immer bringt Pablo für Santiago Sympathien auf. Aber auf jeden Fall ist Pablo genauso besessen wie Santiago davon das beste Drehbuch überhaupt zu schreiben.
Über Santiago erfährt man nicht so viel und wenn dann nur aus der Sicht von Pablo. Und diese ist sehr eingeschränkt, weil Santiago nicht allzu viel preisgibt über sich. Und mehr und mehr hatte ich das Gefühl, das Santiago eine Randfigur wird, denn der innere Konflikt von Pablo ist doch sehr stark ausgeprägt. Die Entführung generell rückt in den Hintergrund.
So wirkte die Geschichte sehr einseitig. Ich hätte mir mehr Wissen zu den Beweggründen von Santiago gewünscht. Möchte er wirklich einfach nur einen Film drehen, der die Welt verändern soll? Wer ist Santiago überhaupt genau?
Gegen Ende wird es teilweise noch etwas mehr wirr, als vorher. Pablo springt immer mehr in den Zeiten herum und dadurch dass keine wörtliche Rede oder große Absätze verwendet werden, kann man sehr schnell den Überblick verlieren. Ich denke, dass dadurch vielleicht Spannung aufgebaut werden sollte, aber wenn es zu undurchschaubar wird, kann das schiefgehen.
Und doch hofft man auf die große Auflösung am Ende. Was ist geschehen? Warum hat sich nie einer nach Pablo erkundigt?
So ganz werden die Fragen alle nicht aufgelöst und das Buch endet irgendwie im Nichts. Und das war für mich sehr enttäuschend.

Mein Fazit: Die Idee fand ich sehr gut und auch mit der Umsetzung hätte ich noch leben können, denn wenn man bedenkt, dass Pablo alles in sein Notizbuch schreibt ist es nicht verwunderlich, dass keine Chronologie aufgebaut wird. Aber immer wieder kamen Fragen auf und ich hatte gehofft, dass sie noch beantwortet werden würden, aber am Ende bleiben zu viele Lücken und deshalb war ich dann doch nach dem zuklappen sehr enttäuscht. Dazu kommt, dass ich mir etwas mehr Hintergrundwissen für Santiago gewünscht hätte. Leider kann ich dieses Buch nicht weiterempfehlen, denn die Enttäuschung am Ende wegen der vielen unbeantworteten Fragen war einfach zu groß.