Rezension

Ich war überrascht über die Wendungen

Crave -

Crave
von Tracy Wolff

Bewertet mit 4 Sternen

Die Idee zu dieser Geschichte fand ich toll. Wenn da nur nicht die nervige Protagonistin wäre...

Nachdem Grace ihre Eltern bei einem Autounfall verloren hat, zieht sie zu ihren einzigen Verwandten nach Alaska. Ihr Onkel leitet dort mitten in der Wildnis ein Internat, und Grace soll von nun an auch dort zur Schule gehen. Schon bei Ihrer Ankunft wundert sie sich über das seltsame Verhalten der Internatsschüler, wobei der charismatische Jaxon ganz besonders geheimnisvoll zu sein scheint und ihr ständig über den Weg läuft. Grace merkt schnell, dass sie sich immer stärker zu diesem Jungen hingezogen fühlt und ahnt stürmische Zeiten auf sich zukommen.

Als ich das Buch zum ersten Mal hin der Hand hielt, war ich sofort begeistert. Das Design wirkt durch seine Farbwahl und seine Schlichtheit sehr hochwertig. Der Schnitt wurde rot eingefärbt, was das Thema des Buches deutlich unterstreicht. Schön finde ich auch die Zeichnung der Katmere Academy im Innenteil, durch die man einen kleine Vorstellung des besonderen Baustils des Internats und des Schauplatzes allgemein erhält.

Als Erstes wollte ich mir einen Eindruck zu dieser Geschichte verschaffen, denn ich vermutete eine zu starke Ähnlichkeit zu einer anderen Buchreihe, die ich bereits vor vielen Jahren begeistert gelesen hatte. Im Nachhinein kann ich sagen, dass es wohl ein paar Parallelen gab, sich die Figuren jedoch anders entwickelten und sich plötzliche unerwartete Wendungen zeigten.

Ein Auslöser für meine Entscheidung „Crave“ zu lesen, war der Schreibstil von Tracy Wolff. In der Leseprobe überraschte sie mich, indem sie zum einen die Protagonistin Grace in deren Situation, Gedanken und Verhalten äußerst authentisch darstellte, und zum anderen die erste Begegnung mit Jaxon so intensiv beschrieb, als wäre gefühlt ein Zoom-Objektiv auf die beiden gerichtet worden. Nun musste ich einfach wissen, welchen Lauf diese Geschichte nehmen würde!

Ich hatte wirklich eine tolle Lesezeit und konnte das Buch kaum aus der Hand legen. Dies lag aber eher an der allgemeinen Entwicklung, den Geheimnissen, die entdeckt werden wollten und den teilweise unerwarteten Wendungen. Auch die Nebencharaktere haben mir gut gefallen, ich wurde immer neugieriger auf deren wahres Wesen und die tatsächlichen Beziehungen zueinander.

Mit den Protagonisten wurde ich im Laufe der Handlung nicht so richtig warm, vor allem nicht mit Grace, deren Haltung nach vorne zu sehen, mir anfangs allerdings sehr gefiel. Ich mochte ihr herzliches Verhältnis zu ihrer Cousine Macy, das in den Dialogen spürbar war. Meiner Meinung nach entwickelte sich Grace jedoch nicht zu ihrem Vorteil, sie wurde eher zu einem gehirngewaschenen Püppchen, das am Rockzipfel des „großen“ Jaxon hing und sich im erstbesten Moment von ihm beißen ließ. Irgendwann war ich sehr genervt von ihrer Naivität, von ihrer Tiefstapelei, und wie sehr sie Jaxon bemutterte. Grace stellte ihren Liebling auf ein Podest und kastrierte ihn in ihrer Vorstellung zum Kuschelmonster. Sie gab sich selbst auf und lebte sozusagen nur noch für ihn – im Namen der „Liebe“. Schade.

Mit Jaxon hatte ich ein wenig Schwierigkeiten, was seine Ausstrahlung betraf. Gefühlt war er ein aufregender, sexy und charismatische Mann, aber eigentlich war er doch nur ein Schüler, der noch Tests schrieb. Für mich waren diese Rollen sehr widersprüchlich, und es gelang mir bis zum Ende nicht, sie in Einklang zu bringen. Außerdem wurde in der Beziehung zwischen den Hauptfiguren mal wieder dieses „Geh-weg-ich bin-nicht-gut-für-dich-Spiel“ bis zum Augenrollen ausgereizt.

Während des Lesens beschäftigte mich immer mal wieder die Tatsache, dass Graces Onkel mit seiner Abwesenheit glänzte. Man hatte den Anschein, die jungen Leute wohnten dort ganz alleine und versanken im lebensgefährlichen Chaos. Erwachsene traten kaum auf, und wenn, nur ganz kurz und ohne wirkliche Autorität, was mich dann doch etwas irritierte. Es war, als hätte man sie aus der Geschichte gelöscht und damit Lücken hinterlassen.

Grundsätzlich hat die Autorin hier einige Besonderheiten eingebracht. Schon allein die unwirtliche Gegend Alaskas halte ich für einen stimmigen Handlungsschauplatz. Er unterstreicht den Typus der "kalten Wesen" und entführt in ein bisher nicht allzu sehr bekanntes Klima mit vielen Herausforderungen. Ich bin gespannt, wie die Geschichte um Grace weitergeht. Nach diesem Cliffhanger am Ende ist es ein Muss für mich die Reihe weiter zu verfolgen.