Rezension

Idyllisches Landleben im gruseligen Unglückshaus

Morbus - Mark Roderick

Morbus
von Mark Roderick

Bewertet mit 4 Sternen

Dörfliche Idylle ist genau, was Mara braucht. Zumindest war das ihr Gedanke, als sie für sich und ihre Tochter das Gutshaus am Land kauft. Nach einem reibungslosen Umzug häufen sich beängstigende Ereignisse, und es ist nicht ermutigend, dass die Menschen im Dorf vom Unglückshaus sprechen.

"Morbus" ist ein richtig guter Thriller von Mark Roderick. Ländliche Idylle trifft auf alte Geheimnisse und exzellente Thrillerspannung, die alltagsnah beschrieben ist. 

Journalistin Mara zieht sich nach einer gescheiterten Ehe mit ihrem Kind vom Großstadttrubel auf's Land zurück. Hier hofft sie, zur Ruhe zu kommen, ein Heim für sich und ihre Tochter zu schaffen, und einen Neuanfang zu wagen. 

Obwohl dieses Lebensglück in greifbarer Nähe ist, kommt von Beginn an Unruhe auf. Ein altes Skelett wird entdeckt, eine Schülerin verschwindet, und ein Mord geschieht. Noch dazu sprechen die Menschen im Dorf vom Unglückshaus, wenn sie Maras herrliches Gut meinen. Und Mara hat das beängstigende Gefühl, dass sie nicht allein darin wohnt.

Protagonistin Mara ist bildhaft und glaubwürdig umgesetzt. Von Beginn an hat sie mich als Figur vollkommen überzeugt. Sie ist beharrlich, weiß, was sie tut und steht mit beiden Beinen im Leben. Dabei strahlt sie Selbstbewusstsein aus, ohne arrogant zu wirken. Kurz gesagt: Sie ist eine gestandene Frau, hat eine unglückliche Ehe und eine vorzeigbare Karriere hinter sich. Nun will sie sich in Ruhe einem Buchprojekt und ihrer Tochter widmen. Gerade diese Normalität der Protagonistin hat mich sofort gefesselt. Ich mag es sehr, wenn Romanfiguren glaubhaft sind, und freue mich, wenn Autoren so viel Alltagsnähe zulassen, dass es sich anfühlt, als ob es diese Menschen tatsächlich gibt. 

Ebenso authentisch und souverän ist das Setting aufgebaut. Autor Mark Roderick fängt das dörfliche Leben mit Bravour ein: Er lässt Mara im Dorf ankommen und erste Bekanntschaften knüpfen. Hier hört sie erstmals Andeutungen zur Geschichte ihres Hauses, die Gerüchte um den Vorbesitzer, und dass es als Unglückshaus bekannt ist. 

Damit wird Maras Haus zum Dreh- und Angelpunkt des Geschehens. Hier vermittelt der Autor ein anschauliches Bild, der Leser lernt das Gebäude gemeinsam mit der neuen Besitzerin kennen, und man kommt grausigen Geheimnissen auf die Spur.

Die Handlung empfand ich ebenfalls als glaubwürdig und extremst solide umgesetzt. Es ist spannend, die Atmosphäre manchmal sogar leicht gruselig, und gemeinsam mit Mara wird Stück für Stück ein Geheimnis nach dem anderen freigelegt. Dabei gibt es exzellente Wenden, unvorhergesehene Ereignisse und der Autor führt Protagonistin sowie Leser souverän auf falsche Fährten, wodurch die allgemeine Spannung bis zum Ende erhalten bleibt. 

Den Erzählstil habe ich eher ruhig empfunden, wodurch allerdings die angespannte Atmosphäre richtig greift. Mir gefällt es, wenn ich mich auf einen Thriller einlassen kann, mich mit dem Setting auseinandersetze und in die Tiefe des Geschehens gezogen werde. Genau dadurch ist "Morbus" zu einem fesselnden Thriller geworden, den ich kaum weglegen konnte.

Einziger - sanfter! - Kritikpunkt meinerseits ist das Ende, das mir einen Hauch zu konstruiert war. Diesbezüglich gehöre ich zur skeptischen Leserschaft, und mir sind hier zu viele Fäden zusammengelaufen, wobei es insgesamt ein gelungener Abschluss ist.

Im Endeffekt hat mich Mark Roderick mit "Morbus" als begeisterte Leserin gewonnen. Idyllisches Landleben im leicht gruseligen Unglückshaus vereint sich zu einem mordsmäßigen Thriller, den ich auf jeden Fall an Leser von Spannungsliteratur weiter empfehle.