Rezension

Im Bann der Geschichte

Roter Lavendel - Ralf Nestmeyer

Roter Lavendel
von Ralf Nestmeyer

Hochsommer in Südfrankreich: ein deutscher Modefotograf  besucht die Provence, um Lavendelmotive für einen Kalender zu fotografieren. In Avignon zieht ihn ein Mitreisender, Monsieur Perras, ins Vertrauen  und bittet ihn, ein Päckchen mit historischen Briefen und Fotos für ihn aufzubewahren, da er einen Bekannten treffen wolle. Als der Fotograf am nächsten Tag abreisen will, ist Monsieur Perras, der Besitzer der Dokumente, verschwunden. Daher fährt er weiter nach Raboux und widmet sich seiner Arbeit. Doch der Gedanke an Monsieur Perras und seine geheimnisvollen Briefe lassen ihm keine Ruhe, und er begibt sich auf Spurensuche …

Ruhig und langsam entwickelt Nestmayer seine Erzählung. Aus dem Blickwinkel des Fotografen entdeckt der Leser das Besondere an provenzalischen Landschaften und Städten; er wird gewissermaßen durch die Umgebung geführt und genießt die sommerlich-entspannte  Atmosphäre.

Doch die Reise in die Provence zur Zeit der Lavendelblüte erweist sich nicht nur als eine Exkursion in einen provenzalischen Mythos. Sie wird für den Protagonisten zugleich eine Reise in die Vergangenheit. Nicht so sehr das aktuelle Verbrechen steht im Vordergrund; der Schwerpunkt liegt eher auf der Recherche: Monsieur Perras´  alte Briefe enthüllen private Schicksale während des Zweiten Weltkriegs. In einem gepflegten Stil und  präziser Sprache schildert der Ich-Erzähler historische Fakten; die politische Situation der 40er Jahre während der deutschen Besatzungszeit in Frankreich wird lebendig, Aktionen von Kämpfern der  Résistance, deutsche Vergeltungsmaßnahmen   -  Ereignisse, deren Folgen bis in die Gegenwart reichen und Monsieur Perras zum Verhängnis werden.

Mit seinem ersten Kriminalroman legt Ralf Nestmeyer ein anspruchsvolles und unterhaltendes Werk vor.