Rezension

Im Gesamten eine schöne und herzzerreißende Buchperle, die mich tief berührte

Bäume reisen nachts - Aude Le Corff

Bäume reisen nachts
von Aude Le Corff

Sie reckt ihr zartes Kinn dem Ozean entgegen und blickt mit nachdenklicher Miene zum Horizont, ihr Tuch weht im Wind. Der kleine Prinz auf seinem Planeten betrachtet die Unendlichkeit des Universums, sein Schal flattert. Die Bilder überlagern sich und werden eins. - Zitat Seite 103

Meine Gedanken zu dem Buch:

"Bäume Reisen nachts" ist der erste Roman der in Frankreich lebenden Autorin Aude Le Corff. In Frankreich erzielte dieses Debüt große Erfolge und verzaubert nun auch die deutschen Leser. Zu Recht! Denn dieses gerade mal 198 Seiten schmale Buch ist einfach eine schöne Buchperle.
Schon der Klappentext sprach mich sehr an und ich beschloss, einen Blick in die Leseprobe zu werfen. Ich war sofort begeistert und musste / wollte unbedingt weiterlesen. Die aufwändige Covergestaltung setzen dem Ganzen noch das i-Tüpfelchen auf.
Erzählt wird die Geschichte um die achtjährige Manon und ihrem neuen und einzig wahren Freund und Nachbarn Anatole aus der Sicht des allwissenden Erzählers. Dies erlaubt einen breitgefächerten Einblick in die verschiedenen Charaktere. Manon durchlebt gerade eine - oder besser ihre persönlich schwerste Zeit ihres jungen Lebens, denn ihre Mutter ist weg, hat sie allein gelassen. Sie ist einfach gegangen, hat nur einen Abschiedsbrief und eine große Leere hinterlassen. Da ihr Vater nicht ansprechbar ist, sich in seiner eigenen Sorgenwelt verschanzt und sie niemanden hat, dem sie sich anvertrauen kann, ihren Schmerz offenbaren kann, redet sie im Garten mit den Ameisen und einer Katze. Die Birke im Garten ist ihr Zufluchtsort. Standhaft und beschützend... Immer da und beständig...

"Der Wind zerrt an der Birke, als wollte er sie aus dem Boden reißen. Von ihren Blättern rinnen schwere Tropfen, die Manon gerne auffangen würde, aber ihre Hände sind zu klein, um so viele Tränen zu halten" - Zitat Seite 84

Immer da ist auch der Nachbar Anatole. Der ehemalige Lehrer hadert mit seinem einsamen Leben, dem Altern und den damit verbundenen Schmerzen. So griesgrämig er ist, den Anblick der jungen Manon im Garten beschäftigt ihn und er ist von ihrer Ernsthaftigkeit beeindruckt. Er beschließt, ihr Gesellschaft zu leisten und ihr zu helfen.
Obwohl Anatole zehnmal so alt ist wie Manon, verbindet die beiden etwas, sie finden zueinander und stützen sich gegenseitig. Die Welt der Bücher knüpft das zarte Freundschaftsband zwischen den beiden, vor allem "der kleine Prinz".

"Ihre Monologe mit den Katzen und Ameisen, ihr konzentrierter Gesichtsausdruck, wenn sie liest, ihr entrückter Blick, wenn sie in die Ferne starrt, all das berührt ihn." - Zitat Seite 17

Manon weckt seine Lebensgeister wieder und Anatole macht ihr Mut. Und gemeinsam gehen sie ein großes Abenteuer ein.
Ein Abenteuer, dass mit einem plötzlichen Lebenszeichen ihrer Mutter beginnt. Manon, Anatole, der Vater und Manons leicht exzentrische Tante Sophie brechen auf, um Anaïs zu suchen. Der Brief der Mutter kam aus Marokko und dem ungleichen Quartett steht eine lange Reise bevor. Eine Reise, die alle Beteiligten fordert. Eine Reise, die zum Nachdenken über das Leben und die Liebe, über Freundschaft , Mut, Achtung und Respekt animiert.

Aude Le Corff schreibt sehr feinfühlig, sie geht das doch bedrückende Thema sachte und behutsam an, so dass man sich als Leser nicht erschlagen fühlt. Ich litt und fühlte mit den Protagonisten mit und war gefangen von diesem gelungenen Schreibstil. Das Einflechten des kleinen Prinzen ins Geschehen berührte mich sehr und ich habe das Lesen wirklich sehr genossen.
Lediglich mit dem Abend konnte ich mich nicht so sehr anfreunden. Hier fehlt es etwas an Ernsthaftigkeit, es erscheint nicht passend und wird meiner Meinung nach der Geschichte nicht gerecht.

Kurz & gut - mein persönliches Fazit

Im Gesamten eine schöne und herzzerreißende Buchperle, die mich tief berührte und mir zum größten Teil wahre Lesefreude bescherte. Jedoch musste ich sehr über das Ende hinwegsehen, welches mich etwas enttäuscht zurück ließ.

© Rezension: 2014, Alexandra
buecherkaffee.blogspot.de