Rezension

IM HERZEN DER GEWALT

NOVA -

NOVA
von Fabio Bacà

Bewertet mit 3 Sternen

Ruht die Fähigkeit zur Gewalt, gar der Wille dazu, in uns allen? Und was bedeutet dies für die Gesellschaft? Diese spannenden Fragen stehen im Mittelpunkt von Nova. 

Die Kleinstadt Lucca, der Neurochirurg Davide, seine Frau Barbara, Logopädin, der jugendliche Sohn Tommaso, ein Übergriff auf Barbara in einem Restaurant, der von einem zunächst Fremden für sie gelöst wird. Das sind die Eckdaten und Ausgangssituation von Nova.

Davide beginnt nicht weniger als eine Transformation im Laufe des Romans, sein Denken und Handeln in Bezug auf Gewalt verändern sich und damit wird auch er ein anderer. Doch zu welchem Preis?

Der Roman ist wirklich hervorragend geschrieben und übersetzt, man meint eine echte Liebe zur Sprache zu erkennen und was diese ausdrücken kann. Umso bedauerlicher ist daher, dass die Figuren seltsam blass bleiben, man erfährt kaum etwas über echte Emotionen dieser. Stattdessen gibt es einige Längen, die weder dem Hauptplot noch einer echten Charakterverdichtung der Protagonisten und Protagonistinnen dienen. Thematisch entsteht der Eindruck, dass der Autor mit viel Raffinesse und Talent mit den Ausdrucksformen der Sprache spielt, darüber jedoch Substanz und Inhalt aus dem Fokus geraten. Gewalt als Mittel und Form, obwohl Hauptthema des Buches, wird letztlich auch ideengeschichtlich nur oberflächlich und einseitig betrachtet, auch die Komplexität sozialer Beziehungen wird nur unzureichend erfasst, und ausschließlich im Kontext Gewalt und Männlichkeit, dargestellt. 

Der Roman ist gespickt mit medizinischen Fachbegriffen, die die Geschichte zwar authentisch machen, schließlich ist Davide Neurochirurg, jedoch das Lesen zuweilen beschweren, wenn man mit dem Vokabular nicht vertraut ist und gleichzeitig den Anspruch hat, das Gelesene zu verstehen. Da ich mir tatsächlich oft das Gelesene bildlich vorstelle, brauchte ich hier „Übersetzungen“. Es wäre schön, wenn zumindest sehr spezielles Vokabular vielleicht im Anhang oder einer Fußnote erläutert würde.

Das Cover finde ich sehr passend, es hat etwas Eruptives, das sich auch im Roman, im positiven Sinne widerspiegelt.

Ich hatte mich sehr auf den Roman gefreut, da ich Thema und Beschreibung sehr interessant fand. Sprachlich wurde ich nicht enttäuscht, inhaltlich hat der Autor das Potential, sowohl sein eigenes als auch des Themas, nach meinem Empfinden jedoch leider nicht ausgeschöpft.